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Muskelabbau «im Vorbeigehen» messen

Zuletzt aktualisiert am 16. Dezember 2021 Erstmals publiziert am 10. Dezember 2018

Der Verlust von Muskelmasse betrifft viele ältere Menschen, sein Ausmass wird aber oft erst spät erkannt. Muskelschwäche, Angst vor Stürzen und Immobilität sind die Folgen. Am UniversitätsSpital Zürich entwickelte ein Team nun eine einfache Methode, um den Muskelabbau frühzeitig zu erkennen und damit rechtzeitig behandeln zu können.

Der Abbau von Muskelmasse im Alter ist normal, deren übermässiger Verlust (Sarkopenie) jedoch problematisch. Er führt zu Muskelschwäche und eingeschränkter Muskelfunktion. Die im Alter häufigen chronischen Krankheiten, schlechte Ernährung, hormonelle Faktoren und bestimmte Medikamente begünstigen oder verstärken den Muskelabbau zusätzlich.​

Bewegungsarm im Teufelskreis

Betroffene sind sturzgefährdet und fühlen sich unsicher, sind in ihrer Mobilität eingeschränkt und bewegen sich deshalb umso weniger. Sie erleiden in der Folge häufiger Unfälle mit Oberschenkelhalsbrüchen und Kopfverletzungen. Die schlechte muskuläre Verfassung dieser Patientinnen und Patienten führt wiederum zu längeren Spitalaufenthalten – ein Teufelskreis.

Die Häufigkeit der Sarkopenie steigt mit zunehmendem Lebensalter an. So sind bis zu 50 Prozent der über 80-Jährigen davon betroffen. In Europa rechnet man mit 20 Mio. Betroffenen, in der Mehrzahl Männer. Die wichtigste Massnahme gegen Sarkopenie besteht darin, einen Abbau der Muskulatur so früh wie möglich zu erkennen und ihm entgegenzuwirken.

Um eine Sarkopenie festzustellen, wurde bisher mit Röntgen (DEXA) die Knochendichte bestimmt oder die Patienten wurden im CT oder MRI untersucht. Damit erreicht man zwar genaue Ergebnisse, die Untersuchungen sind aber teuer, der Analyseaufwand für die Aufnahmen gross und bei Röntgen und CT mit Strahlenbelastung verbunden. Mit Ultraschall können zwar Muskel- und Knochenkontur gut sichtbar gemacht werden. Die Informationen reichen jedoch nicht, um daraus eine quantifizierbare und differenzierte Aussage über die Muskelmasse zu machen.

Zwei Minuten, etwas Plexiglas und eine raffinierte Software genügen

Ein Team von Forschenden der Radiologie des UniversitätsSpitals Zürich hat nun eine Ultraschallmethode, die unlängst an der ETH Zürich entwickelt wurde, angewandt, um zu testen, ob sich damit die Muskelmasse genauer messen lässt. Für die Aufnahmen wurde ein übliches, portables Ultraschallgerät mit einem einfachen Plexiglas als Reflektor kombiniert. Kernstück der neuen Methode ist eine Software, die aus den Ultraschalldaten die Geschwindigkeit der Schallwellen in drei Dimensionen berechnen kann. Anhand solcher Ultraschallmessungen der Wadenmuskulatur bei älteren und jüngeren, gesunden Frauen fand das Forscherteam heraus, dass sich der Schall bei den älteren Frauen mit weniger Muskelmasse signifikant langsamer bewegte als bei den jungen Probandinnen. Mit einer Treffsicherheit von 93.6 Prozent konnte damit eine Sarkopenie erkannt werden. Die dafür nötigen Messungen dauerten im längsten Fall zwei Minuten.

Die Versuche fanden an einer noch kleinen Gruppe statt; die Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass mit dieser einfachen, kostengünstigen und belastungsarmen Methode künftig «im Vorbeigehen» eine Sarkopenie schon im Frühstadium erkannt werden kann. Eine grössere Studie soll die ersten Erkenntnisse erhärten.

Link zur Studie