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Syphilis: gefährlich resistent

Zuletzt aktualisiert am 14. Dezember 2021 Erstmals publiziert am 08. August 2018

Syphilis war über 500 Jahre lang eine der gefürchtetsten Seuchen der Menschheit. Dank Penicillin gingen die Infektionszahlen ab Mitte des 20. Jahrhunderts dramatisch zurück. Weltweit, so auch in der Schweiz, hat die Anzahl Syphilisfälle in letzter Zeit jedoch stark zugenommen. Eine USZ-Studie belegt jetzt: 80% der Syphilis-Bakterien sind bereits gegen ein Antibiotikum resistent, das bei einer Penicillin-Allergie eingesetzt wird.

Dr. Bosshard, wie und wo infizieren sich Menschen am häufigsten mit Syphilis?
Diese Frage ist sehr einfach zu beantworten: durch ungeschützten genitalen, analen oder oralen Sexualverkehr. Die «Safer Sex»-Regeln werden teilweise vernachlässigt.

Wie gefährlich ist diese Infektion?
Unbehandelt kann Syphilis schwerwiegende Konsequenzen haben. Im Primärstadium treten Geschwüre an der Eintrittsstelle auf, die u.a. auch eine HIV-Übertragung begünstigen. Während der Schwangerschaft kann es zu einer Übertragung auf das Kind kommen, was zu Fehlgeburten oder schweren Schädigungen beim Kind führt. In den späteren Stadien kann es schliesslich irreversible Gewebsschädigungen z.B. in Form der gefürchteten Neurosyphilis kommen.

Was bedeutet die von Ihnen festgestellte Resistenz für die zukünftige Behandlung von Syphilis?
Unserer Ansicht nach sollte Azithromycin nicht mehr als second-line Antibiotikum empfohlen werden, was zurzeit mancherorts – so z.B. in der Europäischen Richtlinie – noch der Fall ist. Zum Glück kann man bei vielen Patienten Penicillin verwenden, womit sich Syphilis relativ einfach behandeln lässt.

Rund jeder zehnte Syphilis-Fall in der Schweiz wird im Routinelabor der_x000D_
dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Zürich unter der Leitung von PD_x000D_
Dr. Philipp Bosshard diagnostiziert. Durch die enge Verknüpfung von Labor und_x000D_
Klinik konnten in den letzten Jahren sowohl die Diagnostik verbessert, als auch_x000D_
das Verständnis für die Krankheit erhöht werden. So kann beispielsweise zum_x000D_
Nachweis der Krankheit seit einigen Jahren das Erbgut der Bakterien in einer_x000D_
Probe ermittelt werden.

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Philipp Bosshard und_x000D_
Dr. Natasha Arora vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich hat nun_x000D_
eine Methode zur genetischen Typisierung der Bakterien entwickelt. Damit wurden_x000D_
120 Proben von Infizierten aus Zürich, Lausanne, Genf, Lyon und Paris_x000D_
untersucht. In der Analyse konnten 23 verschiedene Subtypen oder Stämme_x000D_
identifiziert werden.

Besorgniserregend ist, dass bei 80% der untersuchten Stämme eine Resistenz_x000D_
gegen Azithromycin gefunden wurde. Dieses Antibiotikum wird bisher bei einer_x000D_
Allergie auf Penicillin eingesetzt. Aufgrund der neuen Forschungsergebnisse_x000D_
scheint klar, dass Azithromycin auch in diesen Fällen nicht mehr für die_x000D_
Behandlung von Syphilis empfohlen werden kann.

Originalbeitrag: (Referenz)_x000D_
http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0200773

PD Dr. sc. nat. Philipp Bosshard ist Spezialist für medizinisch-mikrobiologische Analytik FAMH. Seine Hauptaufgabe am USZ ist die Leitung der akkreditierten Routinelaboratorien der dermatologischen Klinik. Zudem ist er als FAMH-Titelträger für das Labor für Spitalhygiene und das Labor für Infektionskrankheiten der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene zuständig. Philipp Bosshard betreibt Forschung zu verschiedenen Aspekten von Hautinfektionen, insbesondere zu sexuell übertragbaren Erkrankungen, Pilzinfektionen und Mikrobiom-Analysen.