Fachartikel

«Wir gehen den Ursachen diffuser Symptome mit detektivischem Spürsinn auf den Grund»

Zuletzt aktualisiert am 15. Mai 2023 Erstmals publiziert am 23. Januar 2023

In der Entzündungssprechstunde am USZ sucht ein Kompetenzteam nach den Ursachen unklarer systemischer Entzündungskrankheiten. Florence Vallelian, Leiterin der Sprechstunde, zum Spektrum dieser Erkrankungen und den Schwierigkeiten in der Diagnostik.

Frau Vallelian, warum gibt es am USZ eine spezielle Entzündungssprechstunde?

In der Spezialsprechstunde bieten wir die Abklärung und Behandlung systemischer Entzündungskrankheiten an, also Entzündungen, die den ganzen Körper betreffen. Ein spezieller Fokus liegt dabei auf unklaren Entzündungszuständen. Diese sind oft schwierig zu diagnostizieren. In der Sprechstunde sind alle Fachrichtungen, die sich mit der Diagnose und Therapie solcher Erkrankungen befassen, gebündelt und im engen Austausch. Neben der Inneren Medizin sind das Fachärzte und Fachärztinnen der Immunologie, der Allergologie und der Infektiologie. Dank dieser fachlich breiten Abstützung kommen wir in den meisten Fällen der Ursache auf die Spur und können die Patienten gezielt behandeln.

 

Sie sprachen von häufig uneindeutigen Krankheitsbildern bei entzündlichen Systemerkrankungen. Welche gehören dazu?

Das Spektrum umfasst immunologische und infektiöse Krankheitsbilder, wie zum Beispiel systemische Vaskulitiden und Hypereosinophile Syndrome. In die Sprechstunde kommen auch Patientinnen und Patienten zur Abklärung von Fiebererkrankungen unbekannter Ursache (FUO, fever of unknown origin) und Reiserückkehrer mit fieberhaften Erkrankungen. Aber auch Patienten mit häufigen Infektionen gehören dazu, deren Ursache bisher nicht gefunden wurde.

 

Worin besteht die Schwierigkeit, diese Krankheiten zu diagnostizieren?

Diese Krankheiten lösen häufig Symptome aus, die diffus sind und keine eindeutigen Hinweise auf bestimmte Krankheiten geben. Ein gutes Beispiel sind Menschen, die unter häufigen Infektionen, vor allem der Atemwege, leiden. Selten liegt tatsächlich eine ursächliche Störung des Immunsystems vor. Viel häufiger sind die gehäuften Infektionen Folge einer geschwächten Konstitution, einer internistischen oder allergischen Krankheit oder einer anatomischen Besonderheit. In der Sprechstunde gehen wir dann mit vereinter Kompetenz und Erfahrung – und detektivischem Eifer – der tatsächlichen Ursache auf den Grund.

Wie kommen die Patientinnen und Patienten zu Ihnen?

In der Regel haben die Patientinnen und Patienten wegen ihrer Beschwerden erst einmal ihren Hausarzt oder ihre Hausärztin aufgesucht und werden dann zur weiteren Abklärung von diesen an das USZ weiterverwiesen. Es ist auch sinnvoll, erst einmal grundlegende Abklärungen beim Hausarzt zu machen, auf denen wir dann die weitere Diagnostik aufbauen können. Deshalb können sich Patientinnen und Patienten nicht selbst zu dieser Sprechstunde anmelden.

 

Wie geht es weiter, wenn auch das Team der Entzündungssprechstunde nichts findet?

Es ist tatsächlich so, dass auch wir nicht immer eine eindeutige Diagnose stellen können. Solche Fälle diskutieren wir dann interdisziplinär mit Kolleginnen und Kollegen anderer Kliniken, in speziellen Boards, oder mit internationalen Spezialisten.

Das USZ hat als universitäres Zentrum den Vorteil, dass für fast jede noch so spezielle Konstellation eine hochspezialisierte Fachperson zur Verfügung steht. Wir selbst und viele Kolleginnen und Kollegen sind zudem an Forschungsprojekten beteiligt, welche oft einen privilegierten Zugang zu internationalen Netzwerken ermöglichen. Das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, wie die Forschung am USZ sehr direkt den Patientinnen und Patienten zu Gute kommt.

 

A propos Detektivarbeit: Und wie hoch ist die Aufklärungsrate in der Sprechstunde?

Die Aufklärungsrate bei unseren Patienten ist sehr hoch, in den allermeisten Fällen kann schliesslich eine Diagnose und – noch wichtiger – eine wirksame Therapie gefunden werden. Was für die Patienten manchmal schwierig ist, ist die Tatsache, dass es gelegentlich lange dauern kann, bis man der Krankheit auf die Spur kommt. Es ist dann unsere Aufgabe als Ärztinnen und Ärzte den Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen beizustehen, Mut zu machen und ihnen zu helfen in ihrem Alltag trotz der Krankheit zu bestehen.

Dominik Schaer, Prof. Dr. med.

Leitender Arzt, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin

Tel. +41 44 255 24 30
Spezialgebiete: Allgemeine Innere Medizin, Abklärung und gezielte Therapie von systemischen, Entzündungskrankheiten und Immunstörungen

Florence Vallelian Cervetto, Prof. Dr. med.

Leitende Ärztin, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin

Tel. +41 44 255 24 30
Spezialgebiete: Unklare Entzündung, Eosinophilie, Vaskulitis

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