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Hightech-Kamera für Schilddrüsenchirurgie

Zuletzt aktualisiert am 25. Juni 2021 Erstmals publiziert am 31. Dezember 2020

Wird die Schilddrüse entfernt, kann es zu einer gestörten Calcium-Regulation kommen. Eine neue Hightech-Kamera sorgt dafür, dass die zuständigen Nebenschilddrüsen bei der Operation geschont werden.

Sie sind klein wie Reiskörner, üben aber eine wichtige Funktion für den ganzen Körper aus: Die vier Nebenschilddrüsen regulieren unseren Calcium-Haushalt. „Eine Störung vermindert die Lebensqualität und kann krank machen“, sagt Diana Vetter, Oberärztin meV in der Klinik für Viszeralchirurgie des USZ.

Zu einer Unterfunktion der Nebenschilddrüse kann es nach der chirurgischen Entfernung einer Schilddrüse (Thyroidektomie) kommen. Folge ist ein Calcium-Mangel im Blut. „Weil Nebenschilddrüsen sehr klein sind und sie sich teils kaum von umliegendem Gewebe unterscheiden, können sie übersehen werden und versehentlich mit herausoperiert werden“, erklärt Vetter. Zudem könne die Durchblutung beschädigt werden, was ihre Funktion ebenfalls beeinträchtigt.

Ein neues Gerät kann verhindern, dass es so weit kommt. Der sogenannte Fluobeam macht sich eine natürliche Eigenschaft der Nebenschilddrüsen zu Nutze: sie autofluoreszieren. Das bedeutet, dass sie unter einer bestimmten Lichtfrequenz leuchten. So halten Chirurgen die handliche Hightech-Kamera während des Eingriffs übers Gewebe, worauf sie die Nebenschilddrüsen erkennen und besser schonen können. Durch den Einsatz eines Farbstoffs (Indocyanine Grün) können sie zudem überprüfen, ob die Organe durchblutet sind und somit funktionieren. Von blossem Auge ist das nicht möglich.

Erste Erfahrungen äusserst positiv

Diana Vetter, die den Fluobeam am USZ zur Darstellung von Nebenschilddrüsen einsetzt, hat durchwegs positive Erfahrungen gemacht. „Bei einem Patienten konnte ich eine Nebenschilddrüse erkennen und schonen, die von Auge übersehen worden wäre. Bei einem anderen diagnostizierte ich sie am Präparat und konnte sie reimplantieren.“

Der Fluobeam kann nicht nur bei der Thyroidektomie, sondern auch bei einer weiteren Operation von Nutzen sein: der Entfernung der Nebenschilddrüse (primärer Hyperparathyroidismus). Dieser Eingriff kann erfolgen, wenn sich eine Nebenschilddrüse verselbständigt und der Calcium-Spiegel im Blut dauerhaft zu hoch ist. Für eine normale Funktion wird mindestens eine gut durchblutete Nebenschilddrüse benötigt.

Aufgrund dieser Vorteile ist Vetter überzeugt, dass der Fluobeam schon bald zum Standard wird in der Schilddrüsenchirurgie. „Lange konzentrierte man sich auf die Schonung des Stimmbandnervs, was zur Entwicklung und standardmässigen Benutzung des Neuromonitorings geführt hat. Eine Störung der Nebenschilddrüsen ist zwar auf den ersten Blick nicht ganz so auffällig, für Patienten aber unter Umständen genauso belastend.“ Heute kommt es nach rund jeder siebten Schilddrüsenentfernung zu einer vorübergehenden, in vier Prozent der Fälle zu einer bleibenden Unterfunktion. Betroffene müssen als Folge davon lebenslang Calcium und Vitamin D-Präparate einnehmen. Vetter gibt zu bedenken, dass eine künstliche Regulierung des Calcium-Haushalts niemals gleich gut ist wie die körpereigene. Neben der psychischen Belastung tragen Betroffene ausserdem ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie eine verminderte Knochenqualität.

Das Universitätsspital Zürich ist Kompetenzzentrum für Erkrankungen der Schilddrüse. Bei einem Schilddrüsen-Board können externe Ärzte Fälle vorstellen lassen, die interdisziplinär beurteilt werden.

Diana Vetter, PD Dr. med.

Leitende Ärztin, Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie

Tel. +41 44 255 97 23
Spezialgebiete: Chirurgie des oberen Gastrointestinaltrakts, Endokrine Chirurgie