Medienmitteilung

Die HIV-Infektion manifestiert sich bei einem Drittel der frisch angesteckten Patienten atypisch

Zuletzt aktualisiert am 12. Juni 2023 Erstmals publiziert am 12. Juni 2015

Forscher am Universitätsspital Zürich (USZ) haben nachgewiesen, dass sich 30 Prozent der HIV-Primoinfektionen atypisch zeigen. Viele Patienten entwickeln nach der Ansteckung gar keine Symptome und die HIV-Infektion wird erst im Rahmen eines HIV-Routinetests diagnostiziert. Die Forscher empfehlen deshalb Personen aus Risikogruppen, sich alle drei Monate auf HIV testen zu lassen.

Die vom Bundesamt für Gesundheit im März 2015 lancierte LOVE LIFE-Kampagne weist darauf hin, dass bei Auftreten von Grippesymptomen ausserhalb der Grippesaison an eine HIV-Infektion gedacht werden muss und ein HIV-Test durchgeführt werden sollte. Zürcher Forscher haben die Symptome von 290 Patienten zum Zeitpunkt der HIV-Primoinfektion ausgewertet und dabei untersucht, wie viele Patienten nach der Ansteckung atypische oder unerwartete HIV-Symptome entwickelt haben. Die Resultate der Zürcher Forscher zeigen, dass auftretende Zeichen einer Infektion unzuverlässig und zu wenig spezifisch sind, um eine HIV-Primoinfektion diagnostizieren zu können, und dass sich die HIV-Primoinfektion oft nicht grippeartig manifestiert. Selbst wenn Symptome fehlen, kann eine Infektion mit HIV nicht ausgeschlossen werden.

30 Prozent der HIV-Primoinfektionen mit atypischen Symptomen

Die HIV-Primoinfektionsstudie am Universitätsspital Zürich wurde 2002 gestartet und gehört zu den repräsentativsten Studien auf diesem Gebiet. In ihrer neusten Publikation haben die Forscher 17 Symptome als typisch bei einer HIV-Primoinfektion definiert (siehe Tabelle). Des Weiteren haben die Forscher erfasst, welches die erste gestellte Diagnose war, als der Patient nach der Ansteckung, aber noch im Unwissen über seine HIV-Infektion, bei einem Arzt war. Zudem wurde untersucht, ob der Patient während der HIV-Primoinfektion aufgrund des Schweregrades der Krankheit in ein Spital aufgenommen werden musste und welche atypischen Krankheitsbilder der Patient entwickelt hat.

Von den untersuchten Patienten haben 88 Patienten (30%) während der Phase der HIV-Primoinfektion Symptome oder Krankheitsbilder entwickelt, die von den Forschern als atypisch oder unerwartet beurteilt wurden. Nur bei 202 Patienten (70%) hat sich die HIV-Primoinfektion mit Symptomen manifestiert, die als typisch beschrieben sind. Schwere Infektionen oder Krankheitsbilder traten bei den atypischen Manifestationen in einem Viertel der Fälle auf und fast die Hälfte dieser Patienten mussten in ein Spital aufgenommen werden. Von den 88 Patienten mit einer atypischen Manifestation hatten 14 (15%) gar keine Symptome und wurden im Rahmen eines erlangten oder angebotenen Routine-HIV-Tests positiv getestet. Nur bei 112 Patienten (38%) wurde beim ersten Arztbesuch eine HIV-Infektion vermutet und entsprechend ein HIV-Test durchgeführt.

 

Frühe Diagnose und Behandlung sind entscheidend

Die Zürcher Forscher empfehlen Männern, die Sex mit Männern haben und sexuelles Risikoverhalten aufweisen, sich alle drei Monate einem HIV-Test zu unterziehen. Ein HIV-Test sollte bei Personen mit sexuellem Risikoverhalten unabhängig davon durchgeführt werden, ob Symptome oder Zeichen einer Infektion bestehen.

Gemäss den neusten Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ist 2014 die Zahl der neu diagnostizierten HIV-Infektionen in der Risikogruppe der Männer, die Sex mit Männern haben, wieder angestiegen. Insbesondere zeigt sich ein Anstieg der HIV-Infektionen mit einem Infektionszeitpunkt innerhalb der letzten Monate, den sogenannten HIV-Primoinfektionen. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass in gewissen Gebieten über die Hälfte der HIV-Übertragungen durch Personen stattfindet, die eine HIV-Primoinfektion haben und sich ihrer Infektion nicht bewusst sind. Eine frühe Therapie kann den Schaden am Immunsystem des Patienten entscheidend verringern. Die Symptome einer HIV-Primoinfektion zu erkennen, diese möglichst früh zu diagnostizieren und die frisch infizierten Patienten rasch zu behandeln, ist daher entscheidend bei der Bekämpfung der HIV-Epidemie und beeinflusst die Kosten im Gesundheitswesen.

Publikation:
Braun DL, Kouyos R, Balmer B, Grube C, Weber R, Günthard HF. Frequency and spectrum of unexpected clinical manifestations of primary HIV-1 infection. Clinical Infectious Diseases, May 19, 2015.

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