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«Die OP-Pflege ist quasi die Fürsprecherin der Patienten»

Zuletzt aktualisiert am 19. April 2022 Erstmals publiziert am 15. Februar 2022

Wer Pflege sagt, denkt in erster Linie an die engagierten, weiss gekleideten Frauen und Männer, die Patienten und Patientinnen am Bett betreuen und behandeln. Etwas weniger im Fokus ist die OP-Pflege, Fachfrauen und Fachmänner Operationstechnik HF. Dabei kommt ihr bei jedem Eingriff eine zentrale Rolle zu. Welche, das erklären Bernadette Meier und Tabea Schönenberger im Interview.

Was gefällt Ihnen am meisten an Ihrem Beruf?

Tabea Schönenberger (TS): Es ist extrem abwechslungsreich. Kein Eingriff, kein Patient ist gleich wie der andere. Am USZ haben wir natürlich auch sehr spezielle und schwierige Operationen. Gerade bei komplexen Eingriffen arbeiten oft auch mehrere Disziplinen zusammen. Das macht es sehr spannend und anspruchsvoll. Ich liebe Herausforderungen, daher ist das für mich der perfekte Ort.

Bernadette Meier (BM): Am USZ gibt es extrem viele Möglichkeiten. Wir haben sämtliche Fachgebiete, hochspezialisierte Professionen. Und die komplexesten Fälle, wie Brandverletzte, schwerverletzte Unfallopfer und – als einziges Zentrum – sämtliche Arten von Transplantationen. Das stellt hohe Anforderungen an das ganze Team. Damit muss man auch umgehen können.

 

Dann ist das Bild aus dem TV, bei dem der Chirurg einer Art Assistentin «Tupfer, Skalpell!» zuruft, nicht ganz zeitgemäss?

BM: Das vermittelt ein falsches Bild. Wir sind direkt bei der Operation dabei, denken einen Schritt voraus und müssen auch aufgrund des OP-Verlaufs erkennen, was der Chirurg als nächstes benötigt. Das geht Hand in Hand, wir arbeiten als Team. Während einer Operation ist es im Übrigen meist ganz still.

 

Sie haben die grosse Verantwortung erwähnt. Können Sie das näher erläutern?

TS: Das beginnt bereits beim Lagern des schlafenden Patienten. Wir achten gemeinsam mit den Lagerungpflegerinnen und -pflegern darauf, dass dies sorgfältig erfolgt, damit kein Schaden entsteht. Der zweite wichtige Punkt: Desinfektion. Wir achten darauf, dass alles perfekt desinfiziert und korrekt abgedeckt ist und alle die Hygienerichtlinien einhalten. Ein weiteres Element der Patientensicherheit ist die Zählkontrolle. Auch diese Verantwortung liegt bei uns.

 

Was ist darunter zu verstehen?

BM: Während einer OP wird eine Vielzahl an Instrumenten benötigt. Bevor zugenäht wird, zählen wir sämtliches Material durch, um sicherzustellen, dass nichts im Körper verbleibt. Eine «vergessene» Klemme oder Tuch im Bauchraum ist einer der sogenannten «Never Events» von Patientensicherheit Schweiz, also medizinische Fehler, die schlicht nicht passieren dürfen. Hier hat die OP-Pflege eine zentrale Rolle. Wir sind quasi die «Anwältinnen» der Patienten. Die OP-Pflege ist elementar wichtig für die Effizienz im Operationssaal, die Bewahrung der Sicherheit und Kultur, der Qualität und als Fürsprecherin der Patientinnen und Patienten.

 

Wie hat sich der Beruf der OP-Pflege in den letzten Jahren verändert?

BM: Es wird immer technischer, digitaler. Die Robotik hält in den OP-Sälen zunehmend Einzug. Das bedeutet, dass wir immer mehr Geräte kennen müssen. Das macht es herausfordernd, aber auch spannend.

TS: Tritt während einer OP ein technisches Problem auf, kümmern wir uns als erste darum und versuchen es zu beheben, damit wir den technischen Dienst nicht holen müssen. Dieser technische Aspekt macht den Beruf auch für Männer zunehmend interessant.

BM: Das ist so. Es wäre schön, wenn wir noch mehr Männer für diesen tollen Beruf begeistern könnten.

 

Ist man in der OP-Pflege auf ein Fachgebiet spezialisiert oder arbeiten alle überall?

TS: Ich arbeite primär im Bereich HNO. Das ist ein Fachgebiet, das mich speziell interessiert. Wir haben aber auch viele Operationen, die fächerübergreifend stattfinden. So lerne ich laufend aus anderen Gebieten dazu. Am USZ hat man beide Möglichkeiten: hochspezialisiert zu arbeiten oder als Generalistin eingesetzt zu werden.

BM: Wir brauchen tatsächlich beides. Niemand kann angesichts der Komplexität alles überblicken – wir brauchen also Expertinnen. Aber wir müssen auch Engpässe überbrücken und uns zwischen den OP-Teams gegenseitig aushelfen können. Jeden Morgen um 06.50 Uhr besprechen die Abteilungsleiterinnen hierfür die Tagesplanung.

 

Wenn ich am Morgen komme, arbeite ich also vielleicht an einem anderen Ort als gedacht?

BM: Das kann vorkommen. Wir verlangen tatsächlich viel Flexibilität von unseren Mitarbeitenden. Dass sie hier mitziehen, ist überhaupt nicht selbstverständlich und wir sind ihnen sehr dankbar. Es geht aber leider auch nicht anders. Am USZ haben wir 30 Prozent Notfälle! Wer Abwechslung und Herausforderungen liebt, kommt am USZ auf seine Kosten.

 

Mit Herausforderungen umgehen können, setzt voraus, dass man über das notwendige Fachwissen und die Kompetenzen verfügt. Wie unterstützt hier das USZ?

BM: Die Weiterbildung wird am USZ aktiv unterstützt. Wer will, kann sich hier entwickeln. Dank der Grösse des Hauses gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, von der Fachverantwortung über die Gruppenleitung bis hin zum Weg in die Berufsbildung etc. Wenn man Lust hat, Interesse zeigt und bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, dann ist fast alles möglich. Man wird hier wirklich unterstützt. Das weiss ich aus eigener Erfahrung.