Syndrome des «dritten Fensters» sind die Chamäleons unter den Erkrankungen des Innenohres. Zusammenfassend führen sie zu vier Gruppen von Symptomen, welche aber nicht bei jedem Patienten und jeder Patientin in der gleichen Ausprägung vorhanden sind: kurzfristiger druckinduzierter Schwindel (z.B. beim Niesen, Pressen, Husten, Heben schwerer Lasten), kurzfristiger lärminduzierter Schwindel (sog. Tullio-Phänomen), Ohrdruck / Hörminderung auf dem betreffenden Ohr, und Autophonie (vermehrte Wahrnehmung von Geräuschen im eigenen Körper, z.B. Augen- und Darmbewegungen, Herzschlag).
Die Ursache für diese teils bizarr anmutenden Beschwerden ist eine zusätzliche dritte Öffnung in der knöchernen Kapsel des Innenohres neben den beiden natürlichen Öffnungen (rundes und ovales Fenster). Dadurch kommt es je nach Grösse und Lage der Öffnung zu einer Veränderung der Flüssigkeitsströmung im Hör- und Gleichgewichtsorgan, wenn sich der Druck im Mittelohr (z.B. beim Niesen oder beim Hören lauter Töne) oder im Schädelinneren (z.B. beim Hochheben schwerer Lasten) verändert.
Das «dritte Fenster» befindet sich meist im sog. oberen (= superioren) Bogengang des Gleichgewichtsorgans, seltener im hinteren (= posterioren) oder horizontalen (=lateralen) Bogengang. Auch eine übermässige Erweiterung einer natürlichen Öffnung des Innenohres kann die Symptome auslösen, wie z.B. eine Erweiterung des knöchernen vestibulären Aquäduktes, einer Art «Wasserleitung» welche den Flüssigkeitsraum des Innenohres mit dem sog. endolymphatischen Sack hinter dem Innenohr verbindet (sog. «erweiterter vestibulärer Aquädukt»).
Bei den Bogengangsdehiszenzen ist ein operativer Verschluss möglich («Plugging» des betroffenen Bogenganges und «Resurfacing» der knöchernen Grenze des Innenohres). Die Entscheidung zur Operation wird abhängig von der Ausprägung der Symptome und der Einschränkung im Alltag zusammen mit dem Patienten getroffen. Oft genügt bereits die Information über das Krankheitsbild, damit die Patienten ihre Krankheitssymptome besser verstehen und Auslöser meiden können.
Im Gegensatz zu den Bogengangsdehiszenzen steht beim erweiterten vestibulären Aquädukt keine operative Behandlung zur Verfügung. Während die Symptome bei der Bogengangsdehiszenz meist stabil bleiben, kann der erweiterte Aquädukt über die Jahre zu einer zunehmenden Einschränkung des Hör- und Gleichgewichtsvermögens auf dem betreffenden Ohr kommen. Im Falle einer Ertaubung ist die Versorgung mit einem Cochlea-Implantat möglich. Chronische Gleichgewichtsstörungen werden mit vestibulärer Physiotherapie behandelt.
Die Mitarbeitenden der ORL-Klinik besitzen eine ausgewiesene klinische und wissenschaftliche Expertise für dieses Krankheitsbild. Es stehen alle erforderlichen diagnostischen Möglichkeiten zur Stellung der Diagnose und Abklärung von Differenzialdiagnosen zur Verfügung (insbesondere digitale Volumentomographie und Vestibularisdiagnostik) zur Verfügung. Der Verschluss von Bogengangsdehiszenzen wird durch das otologische Team an der ORL-Klinik durchgeführt.
Klinikdirektor, Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie
Oberärztin meV, Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie
Sie können sich als Patientin oder Patient nicht direkt zu einer Konsultation anmelden. Bitte lassen Sie sich durch Ihren Hausarzt, Ihre Hausärztin, Ihren Spezialisten oder Ihre Spezialistin überweisen.
Universitätsspital Zürich
Klinik für ORL
Frauenklinikstrasse 24
8091 Zürich