Mastoiditis – Riskante Folge einer Mittelohrentzündung

Eine akute Mittelohrentzündung kann sich zu einer Mastoiditis entwickeln. Dann breitet sich die Infektion auf einen Teil des Schläfenbeins aus. Unbehandelt kann es zu einer lebensbedrohlichen Hirnhautentzündung kommen.

Überblick: Was ist eine Mastoiditis?

Die akute Mastoiditis tritt zwar selten auf, gehört dennoch zu den häufigsten Komplikationen einer Mittelohrentzündung. Eine von Tausend betroffenen Personen entwickelt diese Folgeerkrankung im Anschluss an eine Mittelohrentzündung.

Es handelt sich um eine eitrige Entzündung des sogenannten Mastoids. Dieser Knochen (med.: Os mastoideum) hinter der Ohrmuschel – auch als Warzenfortsatz bezeichnet – gehört zum Schläfenbein, einem Teil des Schädelknochens. Sie können ihn als Wulst hinter Ihrem Ohr ertasten. Luftgefüllte Hohlräume durchziehen das mit einer Schleimhaut ausgekleidete Mastoid. Entsteht als Folge der Mittelohrentzündung die Mastoiditis, gelangt Eiter in die Hohlräume. Hat sich nicht der Knochen des Warzenfortsatzes entzündet, sondern nur die Schleimhaut, handelt es sich um eine Begleitmastoiditis.

Mastoiditis: Ursachen und Risikofaktoren

Bei der Mastoiditis handelt es sich in der Regel um eine Folgeerkrankung beziehungsweise Komplikation einer Mittelohrentzündung. Vor allem Kinder und Jugendliche sind davon betroffen. Weil die Mittelohrentzündung sich gut therapieren lässt, erleiden nur 1,2 bis 1,4 Prozent der Kinder diese Komplikation, Erwachsene noch seltener.

Ursache ist die Infektion eines Kindes mit Bakterien wie Pneumokokken, Streptokokken und Haemophilus influenzae Typ b. Babys stecken sich auch häufig mit Staphylokokken an. Meist geht der Mastoiditis eine ganze Reihe von Infektionen mit Viren voraus, die eine Entzündung des Hals- und Rachenraums bedingen. Die Virusinfektion setzt die Immunabwehr des Körpers herab. Deshalb haben Bakterien ein leichtes Spiel. Über den Rachen und die Eustachische Röhre im Ohr gelangen sie ins Mittelohr und lösen dort eine Entzündung aus. Wird sie zu spät oder nicht ausreichend behandelt, entsteht die Mastoiditis.

Einige Risiken können die Warzenfortsatzentzündung begünstigen. Dazu gehört, dass

  • Sekret erschwert aus Ihrem Ohr abfliessen kann,
  • Ihr Immunsystem geschwächt ist,
  • eine Antibiotikatherapie der Mittelohrentzündung nicht anschlug, etwa, weil Sie das Antibiotikum zu früh abgesetzt haben,
  • eine besonders hohe Virulenz (Infektionskraft) der Erreger besteht.

Komplikationen der Mastoiditis

Wird eine Mastoiditis nicht oder nur ungenügend behandelt, kann sie, insbesondere, wenn der Eiter nicht nach aussen abfliessen kann, zu schweren bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen:

  • Es bildet sich möglicherweise eine abgekapselte Eiteransammlung (Abszess) unterhalb der Knochenhaut des Warzenfortsatzes.
  • Es besteht die Gefahr, dass Eiter in die seitliche Nacken- und Halsmuskulatur (Bezold-Abszess) gelangt.
  • Die Bakterien können sich weiter im Körper ausbreiten, beispielsweise auf das Innenohr oder die Hirnhäute übergreifen.
  • Eine abgekapselte Eiteransammlung im Gehirn ist besonders gefährlich, denn sie kann verschiedene Strukturen im Gehirn einquetschen oder abkapseln.
  • Gelangen Bakterien in die Blutbahn, können sie eine Blutvergiftung auslösen.
  • Schädigt die Entzündung den in der Nachbarschaft des Mastoids liegenden Fazialisnerv, kann es zu einer Gesichtslähmung kommen.
  • Schädigt die Entzündung das Innenohr und/oder Gleichgewichtsorgan kann es zu einer Ertaubung und Schwindel kommen.

Symptome: Schmerz und Druckgefühl hinter dem Ohr

Die Symptome einer Mastoiditis ähneln denen der akuten Mittelohrentzündung. Oft sind sie aber stärker oder sie kehren nach anfänglicher Besserung etwa zwei bis drei Wochen später wieder zurück. Die Anzeichen sind unter anderem:

  • sich verstärkende Ohrenschmerzen,
  • erneut aufflammendes und länger anhaltendes Fieber,
  • allgemeines Schwäche- und Krankheitsgefühl,
  • sich verschlechterndes Hörvermögen,
  • mit dem Puls synchrones Klopfen im Ohr.

Und charakteristisch für die Mastoiditis

  • Es besteht eine mit Gewebeflüssigkeit gefüllte gerötete Schwellung am Warzenfortsatz.
  • Die gerötete Region hinter dem Ohr schmerzt bei Berührung.
  • Aus dem Ohr fliessen grössere Mengen milchigen Sekrets.
  • Die Schwellung drückt das Ohr seitlich nach unten, wodurch es, vor allem bei kleineren Kindern, leicht absteht.

Im Fall von Kleinkindern ist es schwer, die Symptome einer Mittelohrentzündung zu unterscheiden. Hinweise gibt, dass sie sich immer wieder ans Ohr fassen und den Kopf schütteln. Sie leiden oft auch an Übelkeit und Erbrechen.

Symptome der chronischen Mastoiditis

Eine chronische Mastoiditis, meist als Folge einer langanhaltenden Mittelohrentzündung, tritt seltener auf als die akute Form. Auch in ihrem Fall entzündet sich der Warzenfortsatz. Doch macht sie sich häufig kaum bemerkbar – Fachleute sprechen von einer verschleierten oder larvierten Mastoiditis –, weil ihre Symptome nur gering ausgeprägt sind. Dazu gehören:

  • Appetitlosigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Müdigkeit
  • Bauchschmerzen

Durch die unspezifischen Anzeichen bleibt sie teils über Wochen oder gar Monate unentdeckt. In dieser Zeit vermehren sich Bakterien immer weiter, breiten sich im Körper aus und befallen auch andere Bereiche. Aus der chronischen Form der Mastoiditis können erhebliche Folgeschäden entstehen.

Mastoiditis: Diagnose bei uns

Wenn Sie mit einer schon länger andauernden oder wiederkehrenden Mittelohrentzündung uns aufsuchen, werden wir Sie oder Ihr Kind vermutlich auf eine Mastoiditis untersuchen.

Nach einem Vorgespräch über Ihre Beschwerden werden wir auf typische Symptome achten wie

  • eine Schwellung hinter dem Ohr,
  • Druckschmerz an dieser Stelle,
  • einem abstehenden Ohr,
  • Ausfluss von Sekret.

Wir führen eine Ohruntersuchung mit dem Mikroskop durch, die sogenannte Ohrmikroskopie. Dabei können wir Anzeichen einer Mittelohrentzündung erkennen und sehen, ob die hintere Gehörwand durch eine Mastoiditis geschwollen und gerötet ist.

Besteht der Verdacht auf Komplikationen, etwa, dass Eiter in umliegende Bereiche gedrungen ist, etwa in das Innenohr, kann das eine Computertomografie abklären.

Eine Blutuntersuchung zeigt möglicherweise, ob Entzündungswerte erhöht sind. Gemessen werden unter anderem folgende Werte:

  • Anzahl der weissen Blutkörperchen
  • C-reaktives Protein (CRP)
  • Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)

Weitere Untersuchungsmethoden sind Hörtests oder ein Abstrich, um die Erreger zu definieren oder bildgebende Verfahren wie Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT).

Mastoiditis: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Einer Mastoiditis vorbeugen können Sie, indem Sie eine bestehende Mittelohrentzündung komplett ausheilen. Dazu gehört, dass Sie die verschriebenen Antibiotika wie verordnet einnehmen. Schlucken Sie sie dagegen beispielsweise nicht lange genug, können Erreger „immun“ werden und einen weiteren Krankheitsausbruch verursachen. Das wiederum kann eine Mastoiditis zur Konsequenz haben.

Wird eine Mastoiditis frühzeitig erkannt, können wir meist Komplikationen verhindern: Sollten Sie oder Ihr Kind unter einer Mittelohrentzündung leiden, die nach zwei Wochen nicht völlig abgeklungen ist, sollten Sie uns umgehend aufsuchen! Das gleiche gilt, wenn die Beschwerden einer Mittelohrentzündung erneut auftreten oder wieder zunehmen.

Findet eine rechtzeitige Behandlung der Mastoiditis statt, ist die Prognose günstig. Falls keine weiteren Komplikationen auftreten, heilt sie fast immer folgenlos ab und das Hörvermögen bleibt erhalten. Verläuft die Mastoiditis kompliziert und wird zum Beispiel das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen, kann dies lebensbedrohlich sein. Daher ist es sehr wichtig, bei ersten Anzeichen dieser Komplikation der Mittelohrentzündung uns aufzusuchen.

Mastoiditis: Behandlung

Das Mittel der Wahl für die Therapie der bakteriellen Infektion sind Antibiotika. Sie können die Entzündung eindämmen. In der Regel ist eine intravenöse Gabe notwendig. Ergänzend erhalten Patientinnen und Patienten Schmerzmittel, wenn dies notwendig ist.

Je nach Ausmass der Entzündung ist ein chirurgischer Eingriff nötig, die sogenannte Mastoidektomie. Dabei entfernt der Operateur oder die Operateurin Knochen im Bereich des Warzenfortsatzes. Damit die Flüssigkeit (meist Eiter) aus dem Ohr ablaufen kann, legt der Operateur oder die Operateurin einen dünnen Schlauch (Drainage), um sie abzuleiten. Zudem wird ein Schnitt ins Trommelfell gemacht und ein kleines Röhrchen eingelegt, damit die Flüssigkeit besser abfliessen kann.

Wenn Sie eine Mastoiditis umgehend behandeln lassen – dann nimmt sie in der Regel einen günstigen Verlauf. Ein rascher Arztbesuch ist allerdings Pflicht: Der im Rahmen der Entzündung angesammelte Eiter kann in benachbarte Regionen einbrechen und diese schädigen. So können sich unter der Haut, in der Muskulatur oder innerhalb des Schädels Abszesse bilden.

Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.

Für Patientinnen und Patienten

Sie können sich als Patientin oder Patient nicht direkt zu einer Konsultation anmelden. Bitte lassen Sie sich durch Ihren Hausarzt, Ihre Hausärztin, Ihren Spezialisten oder Ihre Spezialistin überweisen.

Für Zuweisende

Universitätsspital Zürich
Klinik für ORL
Frauenklinikstrasse 24
8091 Zürich

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