Sarkopenie

Muskelschwund

Im Alter lässt die Kraft nach. Wenn die Muskelmasse übermässig abgebaut wird und ein alter Mensch Mühe hat, Treppen zu steigen oder alltägliche Aufgaben zu erfüllen, sprechen Ärztinnen und Ärzte von Sarkopenie. Mit eiweissreicher Ernährung und gezieltem Bewegungstraining können Seniorinnen und Senioren diesem Zustand vorbeugen und auch bereits verlorene Muskeln wiederaufbauen.

Überblick: Was ist Sarkopenie?

Es ist ein Teufelskreis: Der Körper baut Muskeln ab, dadurch werden Bewegungen mühsamer und der Mensch bleibt lieber im Sessel sitzen. Ohne Bewegung schwinden die Muskeln jedoch immer mehr. So entsteht eine Sarkopenie (von Griechisch „Sarx“ = Fleisch und „Penia“ = Verlust). Erst in den vergangenen Jahren hat die Forschung ihren Blick intensiver auf diesen übermässigen Muskelschwund gerichtet. Wurde Sarkopenie ursprünglich vor allem am Abbau der Muskelmasse festgemacht, erweiterten die Medizinerinnen und Mediziner 2018 die Definition. Jetzt werden sowohl eine geringe Muskelmasse als auch die (reduzierte) Funktionalität bei der Diagnose berücksichtigt. Denn manche alten Menschen sind noch sehr beweglich und fit trotz geringer Muskelmasse. Das sind vor allem Seniorinnen und Senioren, die weiterhin Sport treiben.

Sarkopenie bedeutet allerdings nicht, dass Betroffene unbedingt dünn aussehen: Bei allen Patientinnen und Patienten kann sich anstelle der abgebauten Muskelfasern Fettgewebe bilden. Deshalb sind weder Aussehen noch Gewicht geeignete Indikatoren, um eine Sarkopenie festzustellen.

Sarkopenie ist eine Krankheit des Alters

Jeder Mensch baut im Alter Muskeln ab. Durchschnittlich sind das rund ein bis zwei Prozent der Skelettmuskelmasse, die ab dem 50. Geburtstag pro Jahr verlorengehen. Viele 80-Jährige haben deshalb bereits 40 Prozent ihrer Muskelmasse verloren. Genaue Zahlen, wie viele Seniorinnen und Senioren von Sarkopenie betroffen sind, liegen nicht vor. Schliesslich gibt es erst seit 2016 eine offizielle Diagnose für Sarkopenie. Medizinerinnen und Mediziner rechnen jedoch bei Menschen im Alter zwischen 60 und 70 Jahren mit fünf bis 13 Prozent Betroffenen. Bei den über 80-Jährigen gehen manche Medizinerinnen und Mediziner davon aus, dass jeder zweite unter Sarkopenie leidet. Insbesondere Menschen, die in einem Seniorenheim leben oder im Krankenhaus liegen, sind gefährdet, zu wenig zu essen und sich zu wenig zu bewegen. Männer und Frauen sind von dieser Krankheit gleichermassen betroffen.

Sarkopenie: Ursachen und Risikofaktoren

Das Altern beeinflusst die meisten Stoffwechselprozesse im Körper. Auch Muskelmasse und Kraft nehmen dadurch ab. Unter anderem schüttet der Körper weniger der für den Muskelaufbau verantwortlichen Hormone aus. Dieser Mangel an stimulierenden (anabolen) Signalen wird häufig begleitet durch eine mit dem Alter zunehmende chronische Entzündungsreaktion. Zusammen mit der abnehmenden Fähigkeit des älteren Körpers, Eiweiss zu synthetisieren und in Verbindung mit unzureichender Kalorien- und/oder Proteinzufuhr kommt es schliesslich zur übermässigen Abnahme von Muskelmasse und -funktion, welche als Sarkopenie bezeichnet wird.

Es gibt jedoch mehrere Faktoren, die entscheidend zum Entstehen einer Sarkopenie beitragen:

  • Mangelernährung, insbesondere bezüglich der Proteine
  • fehlende Bewegung
  • ausgeprägter Vitamin-D-Mangel
  • Hormon-Mangel, insbesondere Testosteron oder Östrogen
  • Entzündungsprozesse, die den Muskelabbau fördern

Da mit abnehmender Muskelmasse auch der Appetit nachlässt, essen viele ältere Menschen zu wenig. Hinzu kommt, dass gerade allein lebende Menschen wenig Lust auf Kochen haben und zu Fertiggerichten greifen. Diese enthalten oft zu wenig wertvolle Inhaltsstoffe. Wichtig ist vor allem eine gute Versorgung mit Proteinen und Vitamin D. Seniorinnen und Senioren benötigen rund 25 Prozent mehr Eiweisse als junge Menschen. Gleichzeitig haben jedoch viele von ihnen Probleme beim Kauen und meiden deshalb eher Vollkornprodukte, obwohl gerade diese viel Eiweiss enthalten. Manche alte, kognitiv eingeschränkte Menschen vergessen das Essen auch einfach.

Häufig tritt Sarkopenie gemeinsam mit Osteoporose (Knochenschwund) auf. Ein weiterer Risikofaktor für Sarkopenie kann eine rheumatische Erkrankung wie die rheumatoide Arthritis mit ihren chronischen Entzündungsprozessen sein. Denn die mit den Entzündungen verbundenen Schmerzen führen zur Vermeidung von Bewegung. Zusätzlich begünstigen Entzündungsbotenstoffe im Blut den Abbau von Muskeln.

Symptome: Probleme im Alltag bei Sarkopenie

Das Gehen fällt schwer, jede Treppe wird zur Herausforderung. Sarkopenie führt dazu, dass viele alltägliche Verrichtungen mühsam werden. Das Öffnen einer Flasche oder eines Obstglases wird bei Sarkopenie ebenso zum Problem wie das Anziehen oder Einkaufen. Ein Indiz für die Erkrankung sind auch häufige Stürze oder die Notwendigkeit, sich an Geländern und Griffen entlang zu hangeln. Der Muskelschwund führt dazu, dass sich Betroffene immer weniger zutrauen und häufig Angst davor entwickeln, das Haus zu verlassen. Grundsätzlich lässt einfach die Kraft in allen Bereichen nach.

Sarkopenie: Diagnose bei uns

Für uns ist es schwierig, zwischen einem normalen Alterungsprozess und dem übermässigen Muskelschwund der Sarkopenie zu unterscheiden. Die europäische Medizinergruppe, die Richtlinien für eine Diagnose der Sarkopenie festgelegt hat, fordert dabei eine Minderung in folgenden Bereichen:

  • Muskelmasse
  • Muskelkraft
  • körperliche Leistungsfähigkeit

Neben einer reduzierten Muskelmasse müssen zusätzlich noch die Werte in mindestens einem der beiden anderen Bereiche niedrig sein.

Die Muskelmasse misst die Ärztin und der Arzt entweder mit einer Bio-Impedanz-Analyse (im Liegen mit Hilfe von Elektroden) oder mit der Dual-Röntgen-Absorptiometrie, einem speziellen Röntgenverfahren. Die Kraft eines Betroffenen wird mithilfe eines Greifstärkemessers festgestellt. Er funktioniert ähnlich wie ein Händedruck. Für die körperliche Leistungsfähigkeit lässt die Ärztin oder der Arzt ihre Patientin oder seinen Patienten eine festgelegte Strecke laufen. Legt er weniger als 0,8 Meter pro Sekunde zurück, gilt das als eingeschränkte Gehgeschwindigkeit. Auch das fünfmalige Aufstehen vom Stuhl kann als Test herangezogen werden.

Sarkopenie: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Um eine Sarkopenie zu vermeiden, sind zwei Faktoren wichtig: viel Bewegung und eine gesunde Ernährung. Empfehlenswert ist es deshalb, dass Sie frühzeitig gute Gewohnheiten aufbauen. So kann das regelmässige Besuchen einer Gymnastikgruppe nicht nur alle Körperpartien stärken, sondern auch Spass machen und sozialen Halt geben. Viele Fitnessstudios haben spezielle Programme für ältere Menschen, die auf deren besondere Bedürfnisse Rücksicht nehmen. So können Sie zu den für Sie passenden Zeiten Ihre Muskeln trainieren. Günstig ist es auch, wenn Einkaufsmöglichkeiten zu Fuss erreichbar sind und so zum täglichen Laufen anregen.

Bei der Ernährung hilft es, wenn Sie Spass am Kochen entwickeln. So gut duften frische Kräuter oder das Gebäck im Ofen. So lecker schmeckt die schnell zubereitete Linsensuppe. Besonders viele Proteine kommen in Fleisch, Fisch und Eiern vor. Doch auch Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide sowie Milch und Milchprodukte enthalten viel Eiweiss. Nüsse sind ebenfalls gute Proteinlieferanten.

Verlauf und Prognose

Wer nichts gegen seine Sarkopenie unternimmt, kann dadurch sein Leben verkürzen. Denn eine Langzeitstudie über 19 Jahre mit 8800 Männern ergab einen deutlichen Zusammenhang zwischen einer schwachen Muskulatur und einer erhöhten Sterblichkeit. Mit einer Sarkopenie geht sehr häufig auch eine Osteoporose einher – wenn die Muskeln schwinden, leidet auch die Knochensubstanz.

Vor allem aber bedeutet eine Sarkopenie einen deutlichen Verlust an Lebensqualität. Viele Betroffene fühlen sich schwach und hilflos. Selbst Dinge, die ihnen früher Spass gemacht haben, meiden sie häufig – weil sie Angst haben, Wege nicht mehr zu bewältigen oder zu stürzen.

Sarkopenie: Behandlung durch Gymnastik

Wir empfehlen Seniorinnen und Senioren, die an Sarkopenie leiden, eine Kombination aus Bewegung und reichlicher Eiweisszufuhr. Damit lässt sich der Muskelaufbau fördern. Die Schwerpunkte der Gymnastik liegen im Kraftaufbau, im Gleichgewichts- und im Koordinationstraining. Diese Fähigkeiten werden auch durch musikbegleitetes Tanzen gefördert.