Wachstumshormonmangel im Erwachsenenalter

Wenn ein Wachstumshormonmangel im Erwachsenalter vorliegt, dann kommt es zu einer Reihe unspezifischer Symptome. Eine Ersatzbehandlung ist möglich, aber im Erwachsenenalter aufgrund aktueller Erkenntnisse nur bei ausgewählten Patientinnen und Patienten möglich.

Was ist ein Wachstumshormonmangel im Erwachsenenalter?

Der Wachstumshormonmangel im Erwachsenenalter zählt zu den seltenen Krankheiten. Der menschliche Organismus bildet das Wachstumshormon (STH = Somatotropes Hormon oder englisch GH = Growth Hormon) nicht nur während der Kindheit und Jugendzeit, sondern das ganze Leben lang. Es erfüllt eine ganze Reihe wichtiger Aufgaben:

  • Während des Heranwachsens steuert es die Längenentwicklung des Körpers.
  • Es reguliert den Anteil von Fett- und Muskelgewebe.
  • Es ist an der Regulation des Blutzuckerspiegels beteiligt.
  • Es bestimmt den Wassergehalt der Zellen.
  • Zudem ist GH an weiteren Stoffwechselprozessen beteiligt.

Die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) produziert das Wachstumshormon in einem 24-Stunden-Rhythmus. Tagsüber bildet sie nur geringe Mengen, nachts ist der Hormonspiegel am höchsten. Sie schüttet das Hormon ins Blut aus, über das es zu den Zielorganen. GH beeinflusst die Körperfunktionen direkt oder indirekt, indem es Wachstumsfaktoren, der wichtigste davon ist IGF1 (insulin-like growth factor 1), aus der Leber freisetzt. Neben der wichtigen Rolle im Körperwachstum, beeinflusst dieses Hormon viele Stoffwechselprozesse, wie den Fett-, Eiweiss- oder Blutzuckerstoffwechsel, was auf eine wichtige Rolle auch im Erwachsenenalter hindeutet.

Wachstumshormonmangel im Erwachsenenalter: Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen des Wachstumshormonmangels im Erwachsenenalter sind vielfältig, wobei es drei Gruppen gibt:

  • Das Defizit an Wachstumshormon besteht schon seit der Kindheit. Ursache kann eine genetische bedingte Unterentwicklung der Hirnanhangdrüse sein oder eine Kopfverletzung, etwa durch eine schwierige Geburt (Beckenendlage). Zudem gehören auch Behandlungen der Erkrankungen im Kindesalter, welche zur Verletzung der Hormonproduktion führen (ähnlich wie bei den Erwachsenen)
  • Eine im Erwachsenenalter aufgetretene Erkrankung oder eine Verletzung bedingen den Wachstumshormonmangel. Zu den möglichen Erkrankungen gehören: gutartige Tumore der Hypophyse, etwa Adenome oder Kraniopharyngeome, Verletzungen durch einen Unfall, eine OP oder Bestrahlungen.
  • Der Wachstumshormonmangel ist idiopathisch, das heisst, die Ursache ist unklar.

Es entsteht nicht zwangsläufig ein vollständiger Ausfall (Insuffizienz) der gesamten Hypophyse. Teilweise produziert sie noch Hormone, aber nicht in ausreichender Menge.

Symptome: Gewichtszunahme und schlechte Laune

Weisen Sie im Erwachsenalter einen Mangel an Wachstumshormon auf, dann zeigen Sie möglicherweise folgende Symptome:

  • Sie bilden vermehrt Bauchfett, weisen dafür einen geringeren Anteil an Muskelmasse auf.
  • Ihre Blutfettwerte zeigen sich erhöht (Hyperlipidämie).
  • Ihr Blutzuckerspiegel ist erniedrigt (Hypoglykämie).
  • Es fehlt Ihnen an Antriebskraft.
  • Sie neigen zu Depressionen.
  • Sie leiden unter einem mässigen Allgemeinempfinden und schlechter Laune.
  • Ihre Knochendichte ist verringert, wodurch Ihr Osteoporoserisiko steigt.

Wachstumshormonmangel im Erwachsenenalter: Diagnose durch uns

Einen Wachstumshormonmangel im Erwachsenenalter festzustellen ist nicht einfach, da die hervorgerufenen Beschwerden unspezifisch sind. Ein Leitsymptom – wie zu geringes Längenwachstum im Kindesalter – fehlt. In der Regel untersuchen Endokrinologinnen und Endokrinologen Menschen auf den Mangel, die eine Erkrankung im Bereich der Hypophyse zeigen, die eine OP oder Bestrahlung hatten oder ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten.

Einen Mangel an Wachstumshormon nachzuweisen ist zudem schwierig, weil der Blutspiegel über den Tag erheblich schwankt. Zudem hängt ein „normaler“ Wachstumshormonspiegel davon ab, ob und wieviel Übergewicht Betroffene aufweisen, sowie ob andere Krankheiten, wie Blutzuckerkrankheit oder schwere Nieren- oder Leberfunktionsstörung vorliegen.

Der Insulin-Hypoglykämie-Test (IHT): Als Standardverfahren für den Nachweis eines Defizits von GH gilt der Insulintoleranztest (IHT). Dafür verabreichen wir Insulin über die Vene und rufen dadurch eine Unterzuckerung hervor, die eine Freisetzung des Wachstumshormons anregt. In den folgenden zwei Stunden wird immer wieder der Gehalt von Wachstumshormon in Ihrem Blut gemessen. Steigt er nicht entsprechend an, ist das ein Zeichen für einen Hormonmangel.

Der GHRH-Arginin-Test: Alternativ kann die Endokrinologin oder der Endokrinologe den Betroffenen das Growth Hormone Releasing Hormone (GHRH = Wachstumshormonfreisetzendes Hormon) intravenös verabreichen. Danach wird regelmässig der Wachstumshormonspiegel im Blut gemessen. Auch hier beeinflusst das Körpergewicht, welche Werte als in der Norm gelten.

Um Veränderungen im Gehirn und an der Hypophyse festzustellen kommen zudem bildgebende Verfahren wie CT und MRT zum Einsatz.

In der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und klinische Ernährung des USZ werden diese Tests regelmässig ambulant in unserem Funktionsraum durchgeführt.

Wachstumshormonmangel: Vorbeugung, Früherkennung, Prognose

Sie können einem Wachstumshormonmangel im Erwachsenenalter nicht vorbeugen. Wegen der unspezifischen Symptome ist eine Früherkennung schwierig.

Die Prognose der Behandlung ist gut. Die Therapie kann in den meisten Fällen die Lebensqualität steigern. Wichtig ist allerdings die Bereitschaft der Patientin oder des Patienten, sich das Hormon täglich zuverlässig zu verabreichen.

Wachstumshormonmangel: Behandlung durch Hormone

Erwachsene mit einem GH-Mangel injizieren sich zur Therapie einmal täglich eine Dosis Wachstumshormon in das Unterhautfettgewebe. In der Regel nutzen Sie dazu einen sogenannten Pen, wie ihn auch Diabetikerinnen und Diabetiker gebrauchen. In der nahen Zukunft wird es möglich sein, auch Depot-Spritzen zu verabreichen und somit die Gabe auf einmal wöchentlich zu reduzieren.

Meistens profitieren jene Patientinnen und Patienten am meisten von der Therapie, die einen sehr niedrigen Hormonspiegel und sehr starke Beschwerden haben. Kommt es trotz der Therapie innerhalb von sechs bis zwölf Monaten nicht zu einer Verbesserung, beispielsweise der Lebensqualität oder der Körperfettverteilung, dann sollten Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt abwägen, ob Sie die Therapie nicht beenden sollten.

Besteht die Ursache des Wachstumshormonmangels in einem Tumor an der Hypophyse, kann eine OP notwendig werden.