Mehr Bewegung und ein paar Kilo weniger stehen bei Ihnen ganz oben auf der Liste für 2019? Worauf Sie achten müssen, wenn Sie bisher keinen Sport betrieben haben und wann es nötig ist, eine Pause zu machen, erklärt PD Dr. med. Christian Schmied, Kardiologe am Herzzentrum des USZ und Spezialist für Sportkardiologie und Sportmedizin.
Herr Schmied, «Jetzt muess de Buuch weg!» Mit diesem Vorsatz starten viele Menschen nach üppigen Festtagen ins neue Jahr. Neben der Ernährung gilt mehr Bewegung als Schlüssel zum Erfolg.
Es braucht beides, um erfolgreich, gesund und nachhaltig abzunehmen. Theoretisch ist es ganz einfach abzunehmen: Der Verbrauch von Kalorien muss höher sein als die Zufuhr. Also weniger Kohlenhydrate und dazu mehr Bewegung – aber in einem ausgewogenen Verhältnis.
Eine Radikaldiät oder exzessiven Sport, um möglichst schnell abzunehmen, empfehlen Sie also nicht?
Nein, keinesfalls. Unser Körper ist darauf ausgelegt, Reserven zu bilden. Machen wir eine Radikaldiät, passt er sich an und senkt seinen Grundumsatz, um zu sparen. Abnehmen wird noch schwieriger und letztlich baut der Körper auch Muskeln ab. Und nur mit Sport abzunehmen, funktioniert kaum, wenn die Kohlehydratzufuhr unverändert bleibt. Der Verbrennungseffekt von Sport wird nämlich oft überschätzt. Wer viel Sport treibt, stellt auch fest, dass zwar das Fett schmilzt, das Gewicht aber noch steigt, weil die aufgebaute Muskulatur schwerer ist als Fettmasse.
Die Kilozahl allein ist somit kein Indikator für ein gesundes Körpergewicht?
Nein. Der Bauchumfang ist viel wichtiger. Daran kann abgelesen werden, wie viel so genanntes viszerales Fett vorhanden ist. Dieses Fett sitzt im Bauchraum und schützt die Organe, ein Zuviel davon wirkt sich aber leider auch negativ auf den Stoffwechsel aus, führt zu einer chronischen Entzündung und mitunter zu Arterienverkalkung mit erhöhtem Risiko für Herzinfarkte und Hirnschläge.
Was tun wir unserem Körper denn Gutes, wenn wir den Kreislauf in Schwung bringen und überflüssige Pfunde abbauen?
Viel! Das Herz-Kreislauf-System wird durch weniger Gewicht weniger belastet. Das Diabetesrisiko sinkt. Die Cholesterinwerte verbessern sich. Eklatant ist auch die blutdrucksenkende Wirkung.
Worauf müssen Menschen achten, die bisher kaum oder gar keinen Sport gemacht haben und nun durchstarten wollen?
Wer bisher keinen Sport oder eine längere Sportpause gemacht hat, sollte unbedingt vor dem Start einen Check-up machen lassen, um Risiken auszuschliessen. Dabei kommen auch Vorerkrankungen oder eingenommene Medikamente zur Sprache.
Wichtig ist, es langsam angehen zu lassen und nach und nach zu steigern. Also mit täglich 30 Minuten flottem Gehen anfangen. Nur 60 Prozent der Schweizer schaffen übrigens nur schon dieses Minimum, obwohl sich das gut in den Alltag einbauen lässt. Ideal sind am Ende mindestens 150 Minuten pro Woche moderate Bewegung im Alltag, ergänzt durch Kraft- und Ausdauertraining auf verschiedenen Intensitätsstufen. Einen guten Überblick, was man für Kraft und Ausdauer machen kann, liefert die Bewegungspyramide, die ähnlich konzipiert ist wie die bekanntere Ernährungspyramide.
Gibt es ideale Sportarten für «Bewegungsanfänger» oder Menschen, die (noch) mit etwas mehr Gewicht unterwegs sind?
Einfach ausprobieren oder individuell mit dem Arzt beim Check-up besprechen. Was man macht, muss vor allem Freude machen, um die Motivation zu erhalten. Wer lieber schwimmt oder tanzt oder Probleme mit den Gelenken hat, sollte sich nicht zum Joggen zwingen. Manche «spörteln» lieber alleine, anderen fällt es in einer Gruppe leichter.
Sind Minusgrade und die kalte Luft eine besondere Belastung? Wäre es nicht besser, zu einer anderen Jahreszeit mit dem Joggen zu beginnen oder bis zum Frühling Hallensport zu betreiben?
Mit bewusster Ernährung und mehr Bewegung kann man jederzeit beginnen. Kälte, auch einige Minusgrade, sind kein Problem und eher Gewöhnungssache. Allerdings werden durch die kalte Luft die Schleimhäute empfindlicher und nach dem Sport sinkt die Immunabwehr für ca. zwei Stunden ab. Man ist dadurch gleich nach dem Training immer etwas anfälliger für Viren und Bakterien.
Der Ehrgeiz ist oft gross. Um das Ziel zu erreichen, lassen sich viele auch nicht von einem Schnupfen vom Training abhalten. Wann soll, wann muss man eine Pause machen?
Bei akuten Infekten und wenn man sich abgeschlagen und schlapp fühlt oder Gliederschmerzen hat, sollte man den Sport auslassen und sich schonen, bis man sich wieder besser fühlt. Und absolut niemals bei Fieber! Ist das Fieber abgeklungen, muss man zwingend noch fünf bis sechs Tage warten, bevor man das Training wieder aufnimmt. Die Gefahr einer Herzmuskelentzündung ist dabei zu gross.
Der richtige Vorsatz wäre also: Langsam angehen lassen, Kohlehydrate reduzieren, nach und nach mehr Bewegung einbauen und sich über jeden Schritt zum Erfolg freuen.
Exakt. Und ich wünsche dafür allen viel Freude an der Bewegung und Erfolg.
Sportkardiologie am USZ Die Sportkardiologie versteht sich als interdisziplinäre Fachrichtung, die verschiedenste kardiologische Fragestellungen im Zusammenhang mit körperlicher Belastung und Sport beleuchtet. Dabei ergeben sich zahlreiche Schnittstellen und Synergien zwischen den verschiedensten Spezialgebieten, die alle ihren Beitrag zum Gesamtbild des Sportlers leisten. Anmeldung und Auskunft
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