Story

Autoimmun-Erkrankungen treten häufiger auf als man denkt

Publiziert am 28. Dezember 2022

Der Oberbegriff «Autoimmunerkrankung» mag nicht besonders geläufig sein. Aber fast jeder und jede kennt jemanden, der von einer betroffen ist. Hier stellen wir einige der häufigsten, aber auch ganz seltene Autoimmunkrankheiten kurz vor.

1. Diabetes Mellitus Typ I

Im Volksmund «Zuckerkrankheit» genannt, handelt es sich beim Diabetes mellitus um eine chronische Stoffwechselerkrankung. Permanent kursiert zu viel Zucker im Blut, was Gefässe und Organe mit der Zeit schädigt. Grund dafür ist entweder eine gestörte Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz. Die häufigere Form ist der Diabetes Typ 2, eine klassische Zivilisationskrankheit, begünstigt durch Übergewicht. Der Typ-1-Diabetes mellitus ist dagegen eine Autoimmunerkrankung, bei der alle insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse durch die körpereigene Abwehr zerstört werden. Nur etwa 5 von 100 an Diabetes Erkrankten leiden an diesem Typ, wobei Frauen und Männer gleichermassen betroffen sind. Sie müssen ihr Leben lang regelmässig das Hormon Insulin injizieren, um ihren erhöhten Blutzuckerspiegel in Schach zu halten. Moderne, sensorgestützte Insulinpumpen, wie sie das USZ anbietet, können den Betroffenen das Leben heute deutlich erleichtern.

2. Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine autoimmune, chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Entzündungszellen, sogenannte T- und B-Lymphozyten, zerstören Nervenzellen, vor allem aber die Umhüllung der Nervenfasern, das Myelin. Dieses ist für die rasche Weiterleitung der elektrischen Impulse über die Nervenbahnen verantwortlich. Ist das Myelin geschädigt, wird die Nervenleitung verlangsamt oder vorübergehend sogar unterbrochen. Es kommt zu den typischen Anzeichen wie Empfindungsstörungen, Sehstörungen oder Muskellähmungen. Multiple Sklerose ist nach der Epilepsie die zweithäufigste neurologische Krankheit.

Frauen häufiger betroffen als Männer

In der Schweiz leben rund 10’000 Betroffene. Meist wird sie zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr entdeckt, wobei Frauen dreimal häufiger betroffen sind als Männer. Am USZ werden Patientinnen und Patienten mit MS in einem spezialisierten Zentrum behandelt. Ziel ist eine optimale interdisziplinäre und interprofessionelle Versorgung. Entsprechend umfasst das Angebot neben der ärztlichen auch eine MS-Pflege-Sprechstunde.

3. Hashimoto-Thyreoiditis

Die nach einem japanischen Arzt bezeichnete Form einer Schilddrüsenentzündung entsteht, weil sich das körpereigene Abwehrsystem irrtümlich gegen Schilddrüsenzellen richtet. Fast jede zehnte Person Mitteleuropas ist davon betroffen, Frauen fünfmal häufiger als Männer. Oft tritt ein «Hashimoto» erst im Erwachsenenalter auf, meist ab 30 Jahren, und bleibt lange unentdeckt, weil praktisch keine Frühsymptome auftreten.

Ursache unbekannt

Die Schilddrüse entzündet sich, die Zellen werden mit der Zeit zerstört, und es kommt zu einer Unterfunktion. Die Entzündung selbst muss aber nicht behandelt werden. Vielmehr werden mittels Hormonersatztherapie die Symptome behandelt. Die Auslöser dieser Autoimmunerkrankung sind nach wie vor unbekannt. Weil Hashimoto-Thyreoiditis aber in manchen Familien gehäuft auftritt, könnten die Gene eine Rolle spielen. Zudem scheint eine Infektion mit bestimmten Bakterien oder Viren die Krankheit zu triggern.

4. Myasthenia gravis

Bei dieser Krankheit ist die Signalübertragung vom Nerv auf den Muskel gestört. Das körpereigene Abwehrsystem greift die Rezeptoren an den Nervenenden an, sodass die Signale zur Muskelkontraktion abnehmen. Dadurch werden bei den Betroffenen einzelne Muskeln oder Muskelgruppen abwechselnd geschwächt oder lassen sich gar nicht mehr bewegen.

Auftreten und Häufigkeit

Oft zeigt sich eine Myasthenia gravis zuerst im Gesicht, vor allem an den Augen, mit herunterhängenden Lidern oder verminderter Mimik. Breitet sich die Muskelschwäche auf die Kau- und Rachenmuskulatur aus, kommt es zu Schluckbeschwerden. Auch Arme und Beine können betroffen sein. Lebensbedrohlich wird eine Myasthenia gravis, wenn die Atemmuskulatur beeinträchtigt ist. Die Krankheit ist nicht heilbar, die Therapie zielt auf eine Linderung der Symptome ab. Im Durchschnitt erkranken jährlich etwa 0,25 bis 2 pro 100’000 Menschen daran. Die Krankheit kann in jedem Lebensalter auftreten, aber nur etwa zehn Prozent der Erkrankten sind jünger als 16 Jahre.

5. Lupus erythematodes

Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) ist die normale Zellentsorgung gestört. Die Krankheit betrifft in neun von zehn Fällen Frauen und bricht zumeist im Alter von 20 bis 30 Jahren aus. Die genauen Ursachen sind nicht bekannt, es gibt aber Faktoren, die eine Entstehung begünstigen. Dazu zählen eine genetische Veranlagung und virale Infekte, aber auch Nikotinkonsum. Ein SLE verläuft meist in Schüben und ist nicht heilbar. Er kann jedes Organ betreffen. Ziel der Therapie ist es daher, Organschäden zu verhindern und Symptome zu lindern. Typisch ist das sogenannte Schmetterlingsexanthem, eine symmetrische Rötung von Wangen, Nasenrücken und Stirn. Weitere Symptome sind ausgeprägte Müdigkeit (Fatigue), Gelenkschmerzen, Haarausfall und Aphten im Mund. Bei mehr als der Hälfte der Betroffenen kommt es zu einem Befall der Nieren. Für diese komplexe Krankheit ist die Behandlung in einem spezialisierten Zentrum wichtig. Das USZ bietet eine interdisziplinäre Sprechstunde an und für Patientinnen und Patienten mit Nierenbefall eine eigene Spezialsprechstunde.

Multiple Sklerose Zentrum

Systemischer Lupus (SLE) Spezialsprechstunde

Diabetes Sprechstunde