Stuhlinkontinenz-Therapie

Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten bei Stuhlinkontinenz. Welche genau in Frage kommt, hängt immer von der jeweiligen Ursache und vom Grad der Darmschwäche ab. Manchmal lässt sich die Ursache beheben oder wir können zumindest die Folgen der Stuhlinkontinenz abmildern. Ziel der Behandlung ist es immer, den Stuhlgang wieder in den Griff zu bekommen (keine Verstopfung, keine Durchfall) und die Beckenbodenmuskulatur zu stärken.

Selbstbehandlung

Folgende Therapien können Sie selbst durchführen, um die Stuhlinkontinenz zu bessern:

  • Nehmen Sie ausreichend Ballaststoffe zu sich und trinken Sie genügend, damit die Ballaststoffe auch gut quellen können.
  • Am besten machen Sie sich regelmässige Notizen und führen ein Ernährungs- und Stuhltagebuch. So finden Sie heraus, welche Nahrungsmittel und Getränke sich positiv oder negativ auswirken. Dann können Sie Ihre Ernährungsweise eventuell anpassen.
  • Beckenbodentraining: Absolvieren Sie einen Kurs zur Beckenbodengymnastik. Speziell geschulte Physiotherapeutinnen und -therapeuten zeigen Ihnen Übungen, die Ihren Beckenboden stärken. So bessert sich oft auch die Stuhlinkontinenz. Das Beckenbodentraining ist auch ein wirksamer Schutz vor Inkontinenz aller Art – ob Harn- oder Stuhlinkontinenz. Die meisten Frauen kennen das Beckenbodentraining nach einer Schwangerschaft. Aber auch Männer erlernen es öfters, zum Beispiel bei einer Harninkontinenz nach einer Prostatakrebsoperation oder Bestrahlung.

Nicht-chirurgische Therapie

Am Anfang jeglicher Therapie steht die Stuhlregulation, die zum Ziel hat, die Konsistenz des Stuhls zu normalisieren und die Zeit der Stuhlpassage im Darm zu verlängern. Flüssiger Stuhl kann von einem geschädigten Kontinenzorgan viel schlechter zurückgehalten werden als geformter Stuhl. Die Ursache von flüssigem Stuhl sind mannigfaltig: Übermässiger Alkoholkonsum und Kaffeegenuss, Fruchtsäfte, Milch bei Laktoseintoleranz und künstliche Süssstoffe sind nur Beispiele von möglichen Ursachen. Zuweilen ist ein Stuhltagebuch sinnvoll, um den Zusammenhang zwischen Nahrungsmitteln und dünnem Stuhl beziehungsweise Stuhlverlust erkennen zu können.

Für eine normale Stuhlkonsistenz ist ein hoher Faseranteil in der Nahrung unverzichtbar. Dies kann durch Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte erreicht werden. Unterstützend können Flohsamen aus der Apotheke wirken (z.B. Metamucil®). Besteht trotz dieser Massnahmen weiterhin zu weicher Stuhl beziehungsweise eine zu hohe Stuhlfrequenz, kann Loperamid (Imodium®) hilfreich sein. Bei der Tendenz zu Verstopfung oder hartem Stuhl ist eine Flüssigkeitszufuhr von mindestens 2 Litern (Wasser, ungesüsster Tee) zu empfehlen.

Physiotherapeutische Beckenbodenrehabilitation ist eine etablierte Therapie bei Stuhlinkontinenz. Nach einer gezielten Untersuchung der Beckenbodenmuskulatur zeigt Ihnen die in Beckenbodenrehabilitation spezialisierte Physiotherapeutin ein befundbasiertes Trainingsprogramm. Die Muskelkräftigung ist ein Prozess, der tägliches Üben erfordert und mehrere Monate dauern kann.
Zur Normalisierung der Darmfunktion kommen Verhaltensstrategien und zusätzlich, je nach Bedarf, auch apparatives Biofeedback, Elektrostimulation oder Ballontraining zum Einsatz.

Chirurgische Therapie

Wenn die konservativen, sprich nicht-operativen Therapien keine entscheidende Verbesserung der Kontinenz nach sich ziehen, sollte eine Operation als Therapie in Erwägung gezogen werden. Bei der Wahl der richtigen Form von Chirurgie müssen die Ursache der Inkontinenz, deren Ausprägung und die Erwartung beziehungsweise der Wunsch der Patientin oder des Patienten berücksichtigt werden.

Liegt der Grund der Inkontinenz in einem defekten Schliessmuskel, so kann der vorhandene Muskeldefekt vernäht werden (sogenannte Sphinkterrepair). Diese Operation wird meist bei jüngeren Patienten und Patientinnen durchgeführt, typischerweise bei Schliessmuskelzerreissung nach Geburten. Diese Operation ist heikel und sollte nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Die Erfolgsrate nach dieser Operation beträgt rund 50 %.

Eine neue Therapiealternative zum Sphinkterrepair ist die Injektion von Silikon zur Verstärkung des Schliessmuskels. Diese Therapie kommt insbesondere bei leichtgradiger Inkontinenz, bedingt durch eine Schädigung des Schliessmuskels, zur Anwendung. Das Silikon wird zwischen den inneren und den äusseren Schliessmuskel gespritzt. Dabei werden 3 Silikon-Depots à 2.5 ml gesetzt um so das Volumen des Schliessmuskels zu erhöhen. Dies kann zu einer verbesserten Funktion führen. Der Vorteil dieser Therapie liegt in ihrer Einfachheit, der Nachteil in fehlenden Langzeit-Studien und im Preis. Die Silikontherapie ist keine Pflichtleistung und wird aktuell von den Krankenkassen nicht bezahlt. Im Rahmen von Studien ist aber eine Kostenübernahme durch die Klinik möglich.

Eine eigentliche Revolutionierung der Therapie der Stuhlinkontinenz erfolgte 1995 mit der Sakralen Nerven Stimulation (SNS). Bei dieser Therapie werden die für die Kontinenz wichtigen Beckenbodennerven mittels Strom stimuliert. Dies führt vor allem zu einer verbesserten Empfindlichkeit des Enddarmes, sodass der Stuhl früher bemerkt wird. Diese Stimulierung geschieht für den Patienten oder die Patientin meist unbemerkt oder wird als feines Kribbeln im Bereich des Afters wahrgenommen. Die Operation läuft in 2 Phasen ab, einer Testphase und einer permanenten Phase. In der Testphase wird zunächst der Beckenbodennerv im Bereich des Steissbeines mit einer Nadel lokalisiert, um dann eine feine Elektrode in die Nähe des Nervs einzubringen. Diese Operation geschieht in Lokalanästhesie und wird ambulant durchgeführt. Danach erfolgt eine vierzehntägige Teststimulation zur Beurteilung des Therapieerfolges. Wird in dieser Testphase eine Verbesserung der Beschwerden um mindestens 50 % erreicht, erfolgt die Implantation einer kleinen Batterie (ähnlich einem Herzschrittmacher) in die Muskulatur des Gesässes.

Die SNS wird an spezialisierten Zentren angeboten und gehört heute zu den vielversprechendsten Therapien der Stuhlinkontinenz. Bei unseren Patientinnen und Patienten können wir einen Erfolg von über 85 % verzeichnen. Die Indikation der SNS wird zusehends ausgeweitet. Sie beinhaltet nicht nur die Inkontinenz durch Schliessmuskelschäden oder Nervenschädigungen (z.B. bedingt durch Geburten, Multiple Sklerose etc.), sondern neuerdings auch die chronische, therapieresistente Verstopfung oder chronische anale Schmerzen.

Die dynamische Gracilisplastik ist für Patienten und Patientinnen vorgesehen, bei denen übliche operative Therapien nicht zum Erfolg führten. Der Gracilismuskel ist ein feiner Muskel an der Oberschenkel-Innenseite, der bei dieser Operation freigelegt wird und als Schliessmuskel-Ersatz um den After geschlungen wird. Wie bei der SNS wird auch dieser Muskel mit Strom stimuliert, womit der Muskel unter Dauerspannung gesetzt wird und so den After verschliesst. Zwei von drei Patientinnen und Patienten profitieren von der Gracilisplastik im Sinne einer deutlichen Verbesserung der Kontinenz. Diese Operation ist technisch sehr anspruchsvoll und sollte deshalb nur an Kliniken durchgeführt werden, die über die entsprechende Erfahrung verfügen.

Andere Therapiealternativen wie der künstliche Schliessmuskel oder der künstliche Darmausgang sollten nur in ganz vereinzelten Fällen durchgeführt werden, bei denen alle anderen Therapiestrategien ihr Ziel verfehlt haben.

Hilfsmittel bei Stuhlinkontinenz

Daneben gibt es einige Hilfsmittel bei Stuhlinkontinenz, die Ihnen den Alltag erleichtern und unangenehme Situationen vermeiden helfen. Beispiele sind:

  • Inkontinenzvorlagen und Netzhosen für die Vorlage
  • Inkontinenzhosen und Windeln
  • Beutel, um den Stuhl aufzufangen
  • Analtampons aus Schaumstoff für den Enddarm

Achten Sie bei Stuhlinkontinenz zudem auf eine gute Analhygiene. Denn eventuell verbliebene Stuhlreste können die Haut in der Analregion reizen und zu Entzündungen führen.

Verantwortliche Fachpersonen

Matthias Turina, Prof. Dr. med.

Chefarzt, Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie

Tel. +41 44 255 97 23
Spezialgebiete: Kolorektale und Proktologische Chirurgie

Daniela Cabalzar-Wondberg, Dr. med.

Oberärztin, Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie

Tel. +41 44 255 23 89
Spezialgebiete: Kolorektale und Proktologische Chirurgie

Heike Simmack

Clinical Nurse, Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie

Tel. +41 44 255 92 88
Spezialgebiete: Kolorektale Chirurgie

Für Patientinnen und Patienten

Sie können sich als Patientin oder Patient nicht direkt zu einer Konsultation anmelden. Bitte lassen Sie sich durch Ihren Hausarzt, Ihre Hausärztin, Ihren Spezialisten oder Ihre Spezialistin überweisen.

Für Zuweisende

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Tel. +41 44 255 92 88
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