Akute Kreislaufinstabilität

Kreislaufschwäche, Kreislaufprobleme

Kreislaufprobleme kennt jeder. Zum Beispiel, wenn Ihnen beim Aufstehen schwarz vor den Augen wird. Steckt ein zeitlich begrenzter niedriger Blutdruck dahinter, ist das in der Regel harmlos. Einige Erkrankungen können jedoch zu einem gefährlichen Kreislaufkollaps führen. Eine akute Kreislaufinstabilität ist immer ein Notfall und muss sofort ärztlich behandelt werden. Hier versagt das Herz-Kreislauf-System.

Überblick: Was ist Kreislaufinstabilität?

Ein instabiler Kreislauf ist kein eigenständiges Krankheitsbild. Kreislaufprobleme sind die Folgeerscheinung unterschiedlicher Erkrankungen, die meist einen niedrigen Blutdruck verursachen. Es gibt aber auch Situationen akuter Kreislaufinstabilität mit (noch) erhaltenem Blutdruck. Unter normalen Umständen gilt ein tiefer Blutdruck sogar begünstigend für eine höhere Lebenserwartung. Dagegen führt ein akuter und anhaltender Blutdruckabfall zur lebensgefährlichen Kreislaufinstabilität. Bei einer akuten Kreislaufinstabilität versagt das Herz-Kreislauf-System aus verschiedenen Gründen. Wenn das Herz aufhört zu schlagen, kommt die Blutzirkulation zum Erliegen. Ein Herz-Kreislauf-Stillstand ist ein Notfall, und die betroffene Person muss reanimiert werden.

Das Funktionsprinzip unseres Herz-Kreislauf-Systems

Unsere linke Herzhälfte pumpt über die Arterien kontinuierlich sauerstoff- und nährstoffreiches Blut in alle Organe unseres Körpers. Über die Venen fliesst sauerstoffarmes Blut zu unserer rechten Herzhälfte und über die Lunge wieder zurück in die linke Herzhälfte. Auf seinem Weg durch die Lunge wird das Blut mit Sauerstoff angereichert und erneut über die Arterien in den Körper gepumpt. Unterschiedliche Blutdruckwerte in Arterien und Venen sorgen dafür, dass alle Organe gut durchblutet sind. Wie hoch dieser Druck ist, zeigt der Blutdruckwert an.

Bei einem niedrigen Blutdruck muss das Herz schneller schlagen, also öfter pumpen, um alle lebenswichtigen Organe mit Blut zu versorgen. Gelingt das nicht ausreichend, bekommt unser Gehirn zu wenig Sauerstoff. Die mögliche Folge sind Funktionsstörungen unserer lebenswichtigen Organe. Mediziner/-innen sprechen bei einem niedrigen Blutdruck auch von einer Hypotonie.

Wann muss ich bei Kreislaufproblemen ins Spital?

In der Regel sind ein niedriger Blutdruck und die damit verbundenen sporadischen Kreislaufprobleme harmlos. Manchmal kann eine Hypotonie auch durch eine Krankheit ausgelöst werden, zum Beispiel durch Parkinson oder Diabetes. Bei älteren Menschen und bei Personen mit Vorerkrankungen können die Kreislaufprobleme auf eine Pumpschwäche des Herzens hindeuten.

Konsultieren Sie uns, wenn

  • Ihr Blutdruck ständig zu niedrig ist,
  • Sie regelmässig unter starken Kreislaufbeschwerden (siehe unten) leiden,
  • ein akuter Blutdruckabfall auftritt.

Kreislaufinstabilität: Ursachen und Risikofaktoren

Hinter einem instabilen Kreislauf können verschiedene Ursachen stecken.

Kreislaufinstabilität wegen einer primären Hypotonie

Bei Menschen mit einer primären Hypotonie ist der Blutdruck dauerhaft zu niedrig. Die Ursachen sind nicht bekannt. Betroffene leiden häufig an Kreislaufproblemen.

Risikofaktoren für Kreislaufprobleme sind:

  • sehr warmes Wetter (Hitze),
  • schwankende Temperaturen,
  • zu langes Baden im warmen Wasser,
  • lange Bettlägerigkeit,
  • langes Stehen,
  • Vorerkrankungen.

Kreislaufinstabilität durch eine sekundäre Hypotonie

Auch bestimmte Erkrankungen oder Medikamente können einen dauerhaft niedrigen Blutdruck verursachen. Fachkräfte sprechen von einer sekundären Hypotonie. Folgende Ursachen können zu einer sekundären Hypotonie führen:

Diese Medikamente können zu Kreislaufproblemen führen:

  • Antidepressiva
  • Blutdruckmedikamente inklusive entwässernde Mittel
  • Augentropfen gegen grünen Star
  • Medikamente bei gutartiger Prostatavergrößerung
  • Chemotherapie

Weitere Ursachen für eine akute Kreislaufinstabilität

Weitere mögliche Ursachen für kurzzeitige Kreislaufbeschwerden sind:

  • Infektionen (Entzündungen)
  • Vergiftungen
  • starker Blutverlust (zum Beispiel durch eine Verletzung)
  • allergische Reaktionen

Bei einigen Menschen kann eine starke Reizung des Nervus vagus zu Kreislaufproblemen führen. Die Blutgefässe erweitern sich und die Herzfrequenz sinkt, wenn der Nerv aktiviert wird. Als Folge sinkt der Blutdruck. Dies kann zum Beispiel passieren, wenn jemand erschrickt oder Angst hat.

Kreislaufprobleme durch eine orthostatische Dysregulation

Vielen Menschen wird vorübergehend schwarz vor Augen, wenn sie zu schnell aus dem Liegen aufstehen. Wenn dies besonders stark ausgeprägt ist, sprechen Fachkräfte von einer sogenannten orthostatischen Dysregulation. Der Grund: Je nachdem, ob wir stehen, sitzen oder liegen, muss unser Körper den Blutdruck anpassen, um alle Organe gut mit Blut zu versorgen. Bei der orthostatischen Dysregulation ist dieser Mechanismus gestört. Durch den Positionswechsel sackt das Blut beim Aufstehen in die Beine und muss erst wieder nach oben gepumpt werden. In der Folge erhält das Gehirn vorübergehend weniger Sauerstoff und wir bekommen kurz typische Symptome für Kreislaufprobleme (siehe unten). Im Unterschied zu schwerwiegenden Kreislauferkrankungen halten diese Beschwerden kurz an und bessern sich rasch innerhalb von wenigen Minuten. Bewusste Massnahmen wie z.B. langsames Aufstehen helfen bei diesen Kreislaufproblemen.

Risikofaktoren für eine orthostatische Dysregulation sind:

  • Alkohol
  • Blutvolumenmangel
  • Medikamente
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Hormonstörungen
  • neurologische Erkrankungen
  • Schwangerschaft

Kreislaufinstabilität bei Hitze

Viele Menschen bekommen bei grosser Hitze Kreislaufprobleme. Denn wenn uns zu heiss ist, versucht unser Körper mit verschiedenen Massnahmen, die überschüssige Wärme abzugeben. Die Blutgefässe in der Haut weiten sich, der Blutdruck sinkt und das Herz muss mehr pumpen, um trotzdem alle Organe ausreichend zu versorgen. Ausserdem schwitzen wir bei Hitze vermehrt. Wenn wir dann nicht genug trinken, dickt das Blut ein und kann nicht mehr so gut zirkulieren. Das führt ohne Veränderung der Umstände zum Hitzekollaps.

Kreislaufinstabilität in der Schwangerschaft

Kreislaufprobleme treten in der Schwangerschaft häufiger auf. Wegen der Hormonumstellung weiten sich die Blutgefässe. Der Blutdruck kann abfallen. Vor allem in den ersten sechs Monaten leiden viele Schwangere an Kreislaufproblemen. Stürze sind für die werdende Mutter und das Kind gefährlich. Wenn Sie Anzeichen für Kreislaufprobleme bemerken, sollten Sie sich sofort setzen oder am besten hinlegen und die Beine hochlagern.

Symptome: Kreislaufinstabilität erkennen

Je nachdem, ob der Blutdruck plötzlich absackt oder dauerhaft zu niedrig ist, machen sich Kreislaufprobleme unterschiedlich bemerkbar.

Symptome eines plötzlichen Blutdruckabfalls

Bei einem plötzlichen Blutdruckabfall (akute Hypotonie) bekommt das Gehirn und andere Organe vorübergehend nicht genug Sauerstoff.

Typische Symptome eines akuten Blutdruckabfalls sind

  • Augenflimmern, „Schwarzwerden“ vor Augen,
  • Schwindel,
  • Blässe
  • kalte Haut
  • Schweissausbruch,
  • Übelkeit,
  • Wesensveränderung bis hin zu Ohnmacht (Synkope).

Symptome eines dauerhaft niedrigen Blutdrucks

Bei einigen Betroffenen ist der Blutdruck dauerhaft zu niedrig (chronische Hypotonie). Neben den typischen Kreislaufproblemen können weitere Symptome auftreten:

  • Antriebslosigkeit
  • erhöhtes Schlafbedürfnis, Müdigkeit
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Kopfschmerzen
  • Ohrensausen
  • kalte Hände und Füsse
  • Appetitlosigkeit

Symptome einer akuten Kreislaufinstabilität

Eine akute Kreislaufinstabilität ist lebensgefährlich. Sie muss sofort behandelt werden. Jetzt zählt jede Minute. Der Herz-Kreislaufstillstand ist die schwerste Form der akuten Kreislaufstinstabilität und Zeichen dafür sind:

  • Ohnmacht/ Reglosigkeit
  • fehlende Atmung
  • fehlender Puls (schwierig zu erkennen)
  • weite reaktionslose Pupillen (unsicheres Zeichen)
  • blass-graue Hautverfärbung (unsicheres Zeichen)

Achtung: Ein Kreislaufstillstand ist ein Notfall. Bei einem Kreislaufstillstand müssen sofort Wiederbelebungsmassnahmen eingeleitet werden. Ausserdem sollten Sie umgehend den Rettungsdienst (144) rufen und die Wiederbelebungsmassnahmen bis zu dessen Eintreffen fortsetzen. Anrufende erhalten über den Notruf 144 auch Anweisungen über Erste-Hilfe-Massnahmen zur Überbrückung der Wartezeit, bis der Rettungsdienst eintrifft.

Diagnose Kreislaufinstabilität

Je nach zeitlichem Verlauf, Schwere und begleitenden Umständen werden wir Ihre Kreislaufprobleme unterschiedlich abklären. Wir unterscheiden:

  • lebensbedrohliche akute Kreislaufinstabilität
  • chronische Kreislaufschwäche

Bei akuten Notfällen wie zum Beispiel einem Herzkreislaufstillstand erfolgt die sofortige Behandlung im Team. Dabei arbeiten MitarbeiterInnen der Anästhesie, Notfallmedizin, Kardiologie, Neurologie, Unfallchirurgie, Radiologie und Intensivmedizin zusammen um Ihr Leben zu retten. Dies erfolgt in einem bestausgestatteten Behandlungsraum – dem Schockraum. Hier können bis zur lebensrettenden Sofortoperation viele medizinische Massnahmen gesetzt werden.  Nach der ersten Stützung der lebenswichtigen Funktionen folgt die weitere Suche nach der auslösenden Ursache durch eine Computertomographie oder Herzkatheteruntersuchung. Zur optimalen Anschlussversorgung stehen Intesivpflegestationen oder Intermediate care Stationen zur Verfügung.

Im Falle von nicht unmittelbar lebensbedrohlicher Kreislaufschwäche werden wir Ihre Probleme entweder in unserer kardiologischen Ambulanz oder Bettenstation abklären.

Um zu klären, was hinter Ihren Kreislaufproblemen steckt, werden wir Ihnen einige Fragen stellen:

  • Seit wann haben Sie Kreislaufprobleme?
  • Sind Ihnen andere Veränderungen aufgefallen, Schmerzen, Atemnot?
  • Treten die Beschwerden in bestimmten Situationen auf?
  • Nehmen Sie Medikamente? Wenn ja, welche?
  • Sind Vorerkrankungen bekannt?

Im Anschluss an das Gespräch werden wir Sie körperlich untersuchen. Dazu stehen uns verschiedene Untersuchungsmethoden zur Verfügung:

  • Kontrolle des Herzschlags auf Regelmässigkeit und Frequenz
  • Messung des Blutdrucks
  • Anfertigung eines EKGs
  • Schellong-Test (Test zur Diagnose einer orthostatischen Dysregulation)

Vermuten wir hinter Ihren Beschwerden eine Erkrankung, können weitere Untersuchungen notwendig sein. Dazu gehören:

Kreislaufinstabilität: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Häufig auftretende Kreislaufprobleme sollten Sie immer ernst nehmen. Manchmal reicht es aus, mehr Flüssigkeit zu trinken und regelmässig Sport zu treiben. Wenn Ihr Kreislauf so instabil ist, dass Ihr gewohnter Alltag gestört wird, sollten Sie uns konsultieren und die Symptome abklären lassen. Bei älteren Menschen können Kreislaufprobleme auch auf andere Erkrankungen hindeuten. Diese sollten immer von uns untersucht werden. Bei akuten Notfällen rufen Sie den Rettungsdienst (144). Eine akute Kreislaufinstabilität kann zu einer Ohnmacht bis hin zum vollständigen Herz-Kreislauf-Versagen führen.

Kreislaufinstabilität: Behandlung nicht immer nötig

Leichte Kreislaufprobleme können in der Regel mit einfachen Massnahmen schnell und effektiv behandelt werden. Eine besondere Therapie ist nicht nötig. Wenn die Organe jedoch immer wieder unzureichend mit Blut versorgt werden, ist eine umfassende Untersuchung ratsam. Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.