Die angeborenen Gefässanomalien umfassen Missbildungen (Angiodysplasien, vaskuläre Malformationen) und Gefässtumore. Für die Prognose und Therapie ist es wichtig diese beiden Formen zu unterscheiden. Beide können Blut- und oder Lymphgefässe betreffen.
Angeborene Gefässmissbildungen machen häufig erst im späteren Leben bemerkbar, manchmal auch erst im Erwachsenenalter. Typischerweise wachsen die Gefässmissbildungen mit dem Körper mit und bilden sich nicht spontan zurück. Zu den angeborenen Gefässmissbildungen gehören unter anderem:
Die Fehlbildungen können sämtliche Gefässe betreffen. Je nach betroffenem Gefässsystem werden die Angiodysplasien in folgende Kategorien eingeteilt:
Es kann auch eine Kombination von Fehlbildungen vorliegen, die mehrere Gefässarten betreffen, zum Beispiel Kapillaren und Venen (kapillär-venöse Missbildung).
Eine angeborene Gefässfehlbildung kann zudem mit weiteren Anomalien verbunden sein. Eine typische „kombinierte Angiodysplasie“ ist die „kapillär-lymphatisch-venöse Malformation“, früher auch Klippel-Trénaunay-Syndrom genannt, die mit einem generell vermehrten Wachstum der gesamten betroffenen Extremität einhergeht.
Ausserdem können Blutgefässe in unterschiedlichsten Körperregionen und Organen wie Hirn, Herz, Lunge, Bauchorgane, Muskulatur sowie Knochen fehlgebildet sein.
Angeborene Gefässtumore sind gutartige oder bösartige überschiessende Neubildungen von Gefässen, die früh im Kindesalter bemerkt werden. Der häufigste Vertreter ist das gutartige Hämangiom. Es entsteht meist in den ersten zwei Lebensmonaten, bildet sich aber oft wieder spontan zurück – im Gegensatz zu Gefässmissbildungen. Seltener sind lokal aggressive und bösartige Gefässtumore wie das Angiosarkom.
Anomalien der Gefässe sind sehr selten. Angeborene Gefässmissbildungen können sich in jedem Lebensalter bemerkbar machen, während angeborene Gefässtumore sich bereits im Kindesalter erstmals manifestieren.
Bei Patientinnen oder Patienten mit Gefässmissbildungen lassen sich häufig Genveränderungen im Blut oder Gewebe der Missbildung nachweisen. Diese Veränderungen können erblich sein oder spontan auftreten.
Die Symptome und Befunde bei angeborenen Gefässanomalien (Missbildung und Tumor) können sehr unterschiedlich sein. Manche sind schon bei der Geburt vorhanden, andere treten erstmals in der Kindheit, in der Jugend oder erst im Erwachsenenalter auf. Häufig sind spezielle Ereignisse wie eine Operation, Verletzung, Infektion oder eine hormonelle Veränderung (zum Beispiel Schwangerschaft) Auslöser der Symptome.
Die Symptome sind von der Art und dem Ausmass der Anomalie, der betroffenen Körperregion und vom Vorhandensein einer Komplikation abhängig.
Folgende körperliche Zeichen deuten auf eine Gefässanomalie hin:
Folgende Komplikationen sind typisch:
Gefässanomalien zeigen viele unterschiedliche Erscheinungsbilder, was die Diagnose und Therapie schwierig gestaltet. Fehldiagnosen und anschliessend falsche Behandlungen sind häufig.Oft haben Betroffene einen längeren Leidensweg hinter sich.
Es gibt keinen einzelnen diagnostischen Test. Die Diagnose beruht auf der Kombination von Krankengeschichte, körperlicher Untersuchung, Laboruntersuchungen und Bildgebung. Letztere beinhaltet bei uns am USZ unter anderem eine ausführliche farbcodierte Duplexsonographie und eine Magnetresonanz-Angiographie:
Anschliessend wird im USZ das sehr individuelle und zum Teil komplexe Krankheitsbild in einem interdisziplinären Gefässmissbildungsboard zwischen Fachleuten aus den Kliniken für Angiologie, Dermatologie, plastischen Chirurgie, Gefässchirurgie und Radiologie diskutiert. Somit können wir eine ganzheitliche Diagnostik und Therapie auf höchstem Niveau anbieten.
Angeborene Gefässanomalien lassen sich nicht verhindern, weil sie schon im Mutterleib entstehen. Auch konkrete Massnahmen zur Früherkennung gibt es nicht. Auch für uns sind die Diagnostik und Therapie solcher Gefässerkrankungen eine grosse Herausforderung. Wichtig ist es, dass Sachkundige unterschiedlicher Fachrichtungen bei der Diagnose und Behandlung eng zusammenarbeiten.
Die Prognose der Gefässanomalien hängt von der Art, der Lokalisation sowie dem Ausmass der Erkrankung ab.
Die Therapiewahl ist abhängig von der Art, dem Ausmass und der Lokalisation der Gefässanomalie. Bei der oft komplexen Behandlung von Gefässanomalien sollten immer Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachdisziplinen beteiligt sein. Zu den beteiligten Fachdisziplinen gehören die Angiologie, Radiologie, plastische Chirurgie, Gefässchirurgie, die Dermatologie sowie bei Beteiligung des Gehirnes auch neurovaskuläre Spezialisten.
Daher besprechen wir am Universitätsspital Zürich am „Angiodysplasie-Board“ bei Betroffenen mit Gefässanomalien das jeweils individuell festzulegende diagnostische und therapeutische Vorgehen. Wenn möglich werden die Patientinnen und Patienten zu diesen Boards eingeladen und können direkt mit den anwesenden Expertinnen und Experten sprechen.
Bei vielen Betroffenen müssen wir mehrere Therapie-Sitzungen durchführen oder eine Kombination aus mehreren Verfahren einsetzen. Das gilt besonders, wenn es sich um grössere Gefässanomalien handelt. Oft lässt sich die Gefässanomalie nicht vollständig entfernen. Ziel ist vielmehr, die Beschwerden zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und mögliche Beeinträchtigungen des Gewebes und damit Komplikationen zu verhindern. Wir müssen immer Nutzen und Risiken des Eingriffs gegeneinander abwägen.
Bei geringen Befunden und Beschwerden setzen wir zunächst konservative Massnahmen ein, das heisst Massnahmen ohne Operation. Dazu gehört der Einsatz von Medikamenten wie Antikoagulanzen und Immunsuppressiva, Kompressionstherapie sowie Physiotherapie.
Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.