Ein offenes Bein (Ulcus cruris) ist eine schlecht heilende Wunde am Unterschenkel, die seit über 4 Wochen besteht. Der häufigste Grund sind Erkrankungen der Venen und/oder der Arterien. Daneben gibt es zahlreiche weitere Ursachen, welche ein Ulcus cruris herbeiführen können. Erfahren Sie, welche Symptome ein Ulcus cruris verursacht, welche Behandlungen helfen und wie Sie vorbeugen können.
Ein offenes Bein ist eine schlecht heilende Wunde (früher auch Geschwür genannt) am Unterschenkel oder am Fuss. Medizinisch heisst es auch Ulcus cruris oder einfach Ulkus. Es zählt – wie das Druckgeschwür (Dekubitus) und das diabetische Fussulkus (Malum perforans) – zu den chronischen Wunden. Ihr Kennzeichen ist, dass sie mindestens seit vier Wochen bestehen, und trotz korrekter Wundbehandlung keine Zeichen der Heilung vorhanden sind. Normalerweise ist eine Wunde, die nicht chirurgisch genäht ist, innerhalb von zwei bis drei Wochen auf dem Weg zur spontanen Heilung.
Am häufigsten ist ein offenes Bein die Folge von Durchblutungsstörungen der Venen und/oder Arterien. Es gibt verschiedene Krankheiten, die mit einer verminderten Durchblutung – und damit schlechter Sauerstoff- und Nährstoffversorgung von Geweben verbunden sind. Beispiele sind die chronischen Venenkrankheiten infolge von durchgemachten tiefen Beinvenen-Thrombosen oder von unbehandelten Krampfadern (Varizen), oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Die PAVK wird durch die Herzkreislauf-Risikofaktoren (das sind: Rauchen, Zuckerkrankheit (Diabetes), Fettstoffwechselstörungen und hoher Blutdruck) begünstigt.
Die Behandlung eines offenen Beins richtet sich massgeblich nach der Ursache. Sie darf sich nicht bloss auf die Auswahl des optimalen Verbandes beschränken. Die auslösenden Ursachen müssen abgeklärt und behandelt werden. Sonst kehrt das offene Bein immer wieder zurück. Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, welche die Wundheilung fördern und das Ulcus cruris abheilen lassen.
Chronische Wunden am Unterschenkel und am Fuss sind relativ häufig. Gross angelegte Untersuchungen zeigten, dass ungefähr ein Prozent der Bevölkerung im Lauf des Lebens ein offenes Bein entwickelt. Mit zunehmenden Lebensjahren steigt die Ulkus-Gefahr, weil bestimmte Krankheiten der Arterien und Venen häufiger vorkommen. So liegt das Risiko für ein offenes Bein jenseits des 80. Lebensjahres schon bei vier Prozent.
Ein offenes Bein kann eine oder mehrere verschiedene Ursachen haben. In der Regel sind Durchblutungsstörungen der Venen und/oder Arterien daran beteiligt. Fachleute unterscheiden je nach Auslöser verschiedene Formen von Ulcus cruris.
Die Ursache des Ulcus cruris venosum ist eine chronische Venenschwäche. Medizinisch heisst sie auch chronische Venenkrankheit (CVK), oder früher chronische venöse Insuffizienz (CVI). Dabei sind die Venen erkrankt, die eigentlich das Blut aus den Beinen zurück und hinauf zum Herzen transportieren sollen. Wenn der venöse Abfluss rückstaut, nimmt der Druck auf das Gewebe und die kleinen Blutgefässe zu. Die Haut an den Unterschenkeln wird hart und schlechter durchblutet – so kann ein offenes Bein entstehen. Etwa 50 Prozent der Unterschenkelgeschwüre sind auf eine CVK zurückzuführen. Etwa in der Hälfte liegt eine früher durchgemachte tiefe Beinvenenthrombose und in der anderen Hälfte ein Krampfaderleiden der chronischen Venenkrankheit zugrunde.
In diesem Fall ist am Ulcus cruris eine Arterienverkalkung (Arteriosklerose) der Beine Schuld (PAVK, siehe weiter oben). Infolge von jahrelang unbehandlten Herzkreislauf-Risikofaktoren (siehe weiter oben) werden die Arterien, welche das Blut und den Sauerstoff vom Herzen in die Organe und in die Beine transportieren, innen immer enger. Ein Teil der Betroffenen verspüren den Sauerstoffmangel als Fuss-, Waden-, oder Oberschenkelschmerzen beim Gehen und müssen daher immer anhalten (Schaufensterkrankheit). Einige entwickeln aber direkt einen Ruheschmerz in Fuss und Zehen im Liegen, der erst beim Herunterhängenlassen nachlässt, oder chronische Wunden am Unterschenkel oder am Fuss (Ulcus cruris arteriosum). Ungefähr zehn Prozent aller Patientinnen und Patienten mit einem Ulcus cruris leiden an einem arteriellen Ulkus.
Das gemischte, venös-arterielle Ulkus macht ungefähr 20 Prozent aller chronischer Wunden am Unterschenkel aus. Dabei handelt es sich um ein venöses Ulkus (siehe weiter oben) in einem Bein, welches gleichzeitig an einer PAVK (siehe weiter oben) leidet. Die Behandlung muss (A) die PAVK und (B) die chronische Venenkrankheit als Ursachen berücksichtigen.
Ungefähr 20 Prozent des Ulcus cruris liegt eine andere Ursache (das heisst, keine chronische Venenkrankheit und/oder keine PAVK) zugrunde.
Die Symptome beim offenen Bein hängen davon ab, welche Ursachen der Wunde zugrunde liegen – venös, arteriell, eine Kombination aus beidem, oder weitere Faktoren.
Typischerweise tritt das venöse Ulkus an der Innenseite des Unterschenkels, innerhalb eines braun verfärbten Hautareals oberhalb des Innenknöchels, auf. Folgende Symptome deuten auf eine chronische Venenkrankheit hin, aus welcher sich ein venöses Ulkus entwickeln kann:
Das arterielle Ulkus liegt häufiger oberhalb des Aussenknöchels oder an der Schienbeinkante. Es ist normalerweise sehr schmerzhaft. Eine fortgeschrittene PAVK (siehe weiter oben) kann aber auch schlecht heilende Wunden am Fussrücken und an den Zehen verursachen. Schmerzen in den Beinen – erst bei Bewegung und körperlicher Belastung, später auch in Ruhe; die Schmerzen verstärken sich, wenn Sie die Beine hochlagern (im Gegensatz zum Ulcus cruris venosum)
Patientinnen und Patienten mit einem gemischten venös-arteriellen Ulkus haben die gleichen Symptome wie bei einem venösen Ulkus.
Bei der Diagnostik eines offenen Beins kann die ABCDE-Regel hilfreich sein, welche die Initiative Chronischer Wunden (ICW) vorgeschlagen hat. Hinter den Buchstaben ABDCE verbirgt sich Folgendes:
Bei der Diagnose eines offenen Beins werden Ihnen einige Fragen zu Ihrer Krankengeschichte gestellt. Denn in der Regel liegen die Ursachen bei einer anderen Erkrankung, wenn eine Wunde sich nicht mehr schliesst. Folgende Fragen sind zum Beispiel für uns interessant:
Anhand Ihrer Antworten kann eine erste Einschätzung der möglichen Ursachen des Ulcus cruris getroffen und weiterführende Untersuchungen angeordnet werden.
Wenn der Verdacht auf eine bakteriell verursachte Wunde im Raum steht, oder eine Wundbesiedlung mit antibiotika-resistenten Bakterien gesucht werden muss, entnimmt das Behandlungsteam einen Abstrich, den er im Labor untersuchen lässt.
Wir beurteilen die Wunde nach folgenden Kriterien:
Am Erscheinungsbild der Wunde können erste Entscheidungen in Richtung der weiteren Abklärung und Behandlung getroffen werden.
Das Behandlungsteam untersucht die Venen und Arterien, um Informationen über die Durchblutung im gesamten Bein und im Bereich der Wunde ziehen zu können. Die Venen werden apparativ insbesondere mit einem farbkodierten Ultraschall (Duplex-Ultraschall) untersucht. Die Arterien werden zunächst mit einer Blutdruckmanschette am Knöchel und einer kleinen Doppler-Ultraschallsonde untersucht. Wenn nötig folgen Druckwellenableitungen mit Manschetten (Oszillographie), ebenfalls eine Duplex-Ultraschalluntersuchung, und schliesslich die Angiographie mittels Röntgen.
Die Gründe für ein offenes Bein liegen oft in Durchblutungsstörungen. Betroffen sind die Venen, Arterien oder beide Gefässarten. Bekannt sind einige Risikofaktoren, welche venöse oder arterielle Erkrankungen begünstigen. Und an diesen – manchmal liegen sie im Lebensstil – können Sie selbst ansetzen und einem Ulcus cruris so vorbeugen. Beispiele sind ausreichende Bewegung, eine gesunde Ernährung, ein normales Gewicht oder Nichtrauchen.
Lassen Sie ausserdem bestehende Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen ausreichend von einer Ärztin oder einem Arzt behandeln. Auch auf diese Krankheiten wirkt sich ein gesunder Lebensstil positiv aus.
Allgemein gilt: Suchen Sie bei Beschwerden immer zeitnah Ihre Ärztin oder Ihren Arzt auf. So lassen sich Grunderkrankungen wie Krampfadern, Venenschwäche oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit früh erkennen. Lassen Sie die Erkrankung anschliessend in regelmässigen Kontrolluntersuchungen überwachen. Auch ein offenes Bein kann so rechtzeitig diagnostiziert und behandelt werden.
Der Verlauf und die Prognose hängen von der Ursache, aber auch vom Schweregrad und der Ausdehnung des Beingeschwürs ab. Ausserdem muss das offene Bein, aber vor allem die Ursachen des Ulkus, konsequent behandelt werden. Auch Sie selbst müssen bei der Therapie gut mitmachen.
Ein offenes Bein braucht in den meisten Fällen ungefähr drei bis sechs Monate, bis es geheilt ist – manchmal sogar noch länger. Auch Rückfälle sind keine Seltenheit. So haben – je nach Schweregrad – etwa 10 bis 30 Prozent der Betroffenen mit einem venösen Ulkus nach einem Jahr einen Rückfall. Auch Patientinnen und Patienten mit kombinierten arteriellen und venösen Durchblutungsstörungen sind anfällig dafür, dass das offene Bein wiederkehrt. Wer tagsüber konsequent Kompressionsstrümpfe trägt, kann solchen Rückfällen wirksam vorbeugen.
Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.