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«Wir sehen mit dem Photon Counting CT bisher nicht sichtbare Strukturen»

Publiziert am 10. Dezember 2021

Der weltweit erste Photonen zählende Computertomograph war schon Monate vor seiner Präsentation am USZ im Einsatz. Hatem Alkadhi, Leitender Arzt am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am USZ, über die Zusammenarbeit von Herstellern und Spezialisten aus der Praxis und die Vorteile des neuen CT für Patientinnen und Patienten.

Herr Alkadhi, im November stellte der Hersteller Siemens Healthineers einen Computertomographen mit Photon Counting vor. Das weltweit erste Gerät steht aber schon seit April am USZ im Einsatz. Wie kam es dazu und worin besteht diese Testphase?

Für die Verbesserung medizinischer Geräte sind die Erfahrung und die Bedürfnisse aus dem klinischen Betrieb unabdingbar. Das USZ arbeitet seit vielen Jahren unter anderen mit Siemens Healthineers, dem Hersteller dieses Geräts, in der Forschung und Entwicklung zusammen. Der Test eines Vorseriengeräts, wie bei diesem neuartigen CT, steht am Ende der Entwicklung. Die Geräte sind dann zugelassen und produktionsreif. Es geht darum, dass Fachpersonen über längere Zeit das Gerät im Klinikalltag einsetzen und praktische Erfahrungen damit sammeln, die für andere Neunutzer hilfreich sein können, etwa zur Bedienung oder zum Arbeitsprozess. Gleichzeitig profitieren unsere Patientinnen und Patienten so schon lange vor der Markteinführung von den fortschrittlichsten Technologien. Zudem stehen uns die Geräte schon in dieser Phase für die Forschung zur Verfügung. Auch für die Ausbildung junger Ärztinnen und Ärzte ist der Zugang zur Technik auf dem neuesten Stand eine wertvolle Bereicherung.

3D Rekonstruktion eines Schädels mit einem Stent in einer Vene. Das Bild zeigt die extrem hohe Auflösung (spatial resolution). (Quelle: USZ)

Was unterscheidet den neuen «Super-CT» von den CT herkömmlicher Bauart?

Die neue Technologie liefert markant bessere Bilder als die bisherigen CT. Wir sehen damit feinste Strukturen in Knochen oder Gewebe, die bisher nur verschwommen oder gar nicht zu sehen waren. Möglich macht dies ein winziger, nur stecknadelkopfgrosser Cadmiumtellurid-Einkristall (CdTe) in dem Gerät, der einzelne Röntgenstrahlen direkt in elektrische Impulse umwandelt, die ohne Informationsverlust gezählt werden. Durch dieses «Photon Counting» genannte Verfahren werden der Kontrast und die Bildschärfe markant besser – ein ähnlicher Effekt, wie die bessere Bildauflösung digitaler Fotos bei einer hohen Pixelzahl.

Welche Vorteile bringt dieser CT für die Patientinnen und Patienten?

Je präziser die Diagnose, umso genauer und zielgerichteter können Ärztinnen und Ärzte die Therapie ausrichten. Die Bildgebung trägt dazu bei. Die Bilder bei dieser Technologie sind idealerweise so detailliert, dass schon im CT Tumor-Typen bestimmt werden können oder sich bei Patientinnen und Patienten mit einem Herzleiden damit eine Untersuchung mit einem Herzkatheter erübrigt. Der Verlauf von Gefäss- und Organerkrankungen kann damit sehr gut verfolgt werden. Gerade bei Lungenerkrankungen ist das ein massiver Fortschritt, weil Lungengewebe mit dem Photon Counting CT noch besser abgebildet werden können.

Hinzu kommt, dass wir in allen Untersuchungen so genannte multi-energy-Informationen aus den Bildern extrahieren können. Das bedeutet, dass wir Zusatzinformationen über die Zusammensetzung von Gewebe und pathologischen Prozessen erhalten, die zum Nutzen der Diagnose und Therapie verwendet werden können. Darüber hinaus gibt es einen weiteren wichtigen Effekt für die Patienten: Die Strahlendosis für die Untersuchungen kann teilweise bis zu 40 Prozent reduziert und auch der Einsatz von Kontrastmittel markant verringert werden.

Bei welchen Patienten wird der neue CT am USZ eingesetzt?

Wir versuchen den CT Scanner gezielt bei denjenigen Patientinnen und Patienten einzusetzen, für die wir uns den grössten klinischen Nutzen von der neuen Technologie versprechen. Das sind derzeit vor allem die kardiovaskulären Fragestellungen betreffend dem Herzen und der Koronararterien sowie der Aorta. Weitere wichtige Einsatzgebiete sind bei der Lunge und dem Abdomen zu finden. Wie erwähnt, sind wir mit dem CT-Scanner grundsätzlich in der Lage, bei einigen Indikationen mit weniger Strahlendosis und/oder mit weniger Kontrastmittel zu untersuchen. Für jüngere Patientinnen und Patienten, bei denen die Strahlendosis oft im Vordergrund steht, und bei älteren Patientinnen und Patienten, bei denen oft Einschränkungen der Nierenfunktion vorhanden sind, aber eine CT dennoch unbedingt durchgeführt werden sollte, ist das eine markante Verbesserung.

Kontakt

Hatem Alkadhi, Prof. Dr. med.

Leitender Arzt, Stv. Institutsdirektor, Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie

Tel. +41 44 255 36 62
Spezialgebiete: Multimodale kardiovaskuläre Bildgebung, Notfallradiologie, Computertomographie