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Typ-1-Diabetes-Behandlung: Leichter leben mit einer Zuckererkrankung

Zuletzt aktualisiert am 17. September 2021 Erstmals publiziert am 16. September 2021

Menschen, bei denen der Körper den Blutzucker nicht mehr selbständig reguliert, müssen Insulin spritzen. Das kann auch eine «künstliche Bauchspeicheldrüse» übernehmen, die aus einem Glukosesensor, einer Insulinpumpe und einem kleinen Computer besteht. Bleibt dadurch der Blutzuckerwert stabil, verhindert dies Schäden an Organen.

Stechen, messen, spritzen – für Menschen, die an Typ-1-Diabetes erkrankt sind, ist das ein regelmässiges Ritual. Weil ihr Blutzucker ausser Kontrolle geraten kann, müssen sie den Wert mehrfach täglich kontrollieren und Insulin künstlich zuführen. Das Hormon sorgt dafür, dass die Zellen den im Blut zirkulierenden Zucker aufnehmen können. Bei gesunden Menschen produziert die Bauchspeicheldrüse ständig Insulin und hält damit den Blutzuckerwert stabil. Weil Zuckerkranken das Hormon fehlt, bleibt der Zucker im Blut – bis sie sich Insulin spritzen. Damit sie die Insulinmenge richtig dosieren, errechnen Typ-1-Diabetes-Betroffene vor dem Morgen-, Mittag- oder Abendessen, wie viel Zucker in Form von Kohlenhydraten sie bei den Mahlzeiten aufnehmen.
«Ziel ist ein möglichst konstanter Blutzuckerwert, um Schäden an Augen, Nieren, Nerven, Herz und Gefässen zu verhindern», sagt Roger Lehmann, Professor am Universitätsspital Zürich und Diabetesexperte. Ein jahrelang zu hoher Blutzucker schädigt sowohl die kleinen wie die grossen Blutgefässe in den Organen. Im schlimmsten Fall führen die Veränderungen zu Erblindung und Nierenversagen, Herzinfarkt und Schlaganfall oder machen eine Amputation von Füssen oder Beinen erforderlich. Mit einer frühzeitigen und konsequenten Behandlung kann dies heute weitgehend vermieden werden.

Zerstörte insulinproduzierende Zellen

«Gerade bei jungen Patientinnen und Patienten mit Typ-1-Diabetes muss man vorausschauend denken, weil sie noch sehr viele Lebensjahre vor sich haben“, sagt Lehmann. 25‘000 Menschen in der Schweiz sind betroffen, die Hälfte von ihnen ist vor dem 30. Lebensjahr erkrankt, oft bereits im Kindes- oder Jugendalter. Auslöser ist eine Autoimmunerkrankung, die die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört. Erbliche Faktoren spielen eine eher kleine Rolle. Einzige Therapiemöglichkeit ist die Gabe von Insulin.
Typ-2-Diabetes dagegen gilt als Alterserkrankung mit etwa einer halben Million Betroffenen in der Schweiz. Wichtigste Auslöser der Stoffwechselerkrankung sind Übergewicht, Bewegungsmangel und eine erbliche Vorbelastung. Behandelt wird zunächst mit Ernährungs- und Lebensstilberatung und erst, wenn sich die Blutzuckerwerte nicht ändern, mit Medikamenten oder allenfalls Insulinspritzen.
100 Jahre ist es her, dass zwei kanadische Forscher das Hormon Insulin entdeckten. Heute wird es im Labor hergestellt. Es ist aber nicht als Tablette verfügbar, weil die Magensäure es zersetzen würde. Deshalb wird es unter die Haut gespritzt, damit es sich über kleinste Gefässe im Körper ausbreiten kann. Einfach anzuwendende «Pens» zur Injektion haben die früher üblichen Spritzen weitgehend ersetzt. Seit den 70er Jahren im Einsatz sind Insulinpumpen, die das Hormon kontinuierlich über einen Katheter abgeben.

«Für immer mehr Betroffene geeignet»

Neuster Stand der Technik ist eine «künstliche Bauchspeicheldrüse», die laufend den Blutzuckerwert misst und entsprechend Insulin ausschüttet. Bei hohem Blutzucker fliesst mehr Insulin, bei niedrigem Blutzucker weniger oder gar keines. Vor den Mahlzeiten löst der Patient per Knopfdruck eine zusätzliche Insulininjektion aus, die zur aufgenommenen Kohlenhydratmenge passt. Im Kern besteht die künstliche Drüse aus drei Komponenten: einem Glukosesensor, einer Insulinpumpe und einer Steuerung, die auch ein Smartphone übernehmen kann.
«Die Pumpsysteme sind heute so einfach zu bedienen, dass sie sich für immer mehr Betroffene eignen», sagt Professor Lehmann. Am Universitätsspital Zürich betreut ein Team aus Diabetologen, Diabetes- und Ernährungsberatern rund 500 Patientinnen mit unterschiedlichen Insulinpumpen-Systemen. Die Fachpersonen verfügen über langjährige Erfahrung in der Behandlung von Typ-1- Diabetes und kennen die am besten erprobten und die neusten Behandlungsformen. Ob die Umstellung im Einzelfall funktioniert, muss sich jeweils zeigen. Eine Rückkehr zu Pen oder Spritze ist jederzeit möglich.

Diabetes-Sprechstunde

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Kontakt

Roger Lehmann, Prof. Dr. med.

Leitender Arzt, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung

Tel. +41 44 255 36 20
Spezialgebiete: Insulinpumpen und kontinuierliche Blutzuckermessung, Therapie sämtlicher Diabetestypen mit Schwerpunkt Gestationsdiabetes, Inseltransplantation

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