Illustration einer DNA Doppelhelix

Story

Zukunft Gentherapie

Publiziert am 23. September 2022

Welcher Stellenwert kommt der Gen-Therapie künftig zu, sei es in der Tumortherapie, sei es bei vererbten Krankheiten? Welche Ansätze sind vielversprechend? Eine Übersicht.

Gentherapien setzen bei den Bausteinen unseres Körpers an. Sie haben zum Ziel, die Programmierung von Zellen zu verändern, erkrankte Zellen zu eliminieren oder Fehlstellen im Erbgut zu korrigieren.

Heute kommen grundsätzlich drei Ansätze zur Anwendung:

1. Die Erkrankung soll gar nicht erst entstehen. Das ist der Grundgedanke der Präimplantationsdiagnostik bei vererbten Krankheiten. Allerdings geht es hierbei nicht um eine Therapie, sondern eine ge‑ netische Selektion: Das Erbgut wird vor der Implantation auf die entsprechende (fehlerhafte) Codierung überprüft.

2. Resistente, gesunde Zellen schaffen, die sich gegen die kranken durchsetzen. Dieser Ansatz funktioniert bei Bluterkrankungen wie beispielsweise Sichelzellenanämien relativ gut. Der Grund: Blutzellen erneuern sich laufend, sodass ein vollständiger Austausch der Zellen möglich ist.

3. Körpereigene Abwehrzellen so verändern, dass sie gegen kranke Zellen vorgehen. Dieses Vorgehen nutzt die sogenannte CAR-T-Zell- Therapie bei Leukämien und Lymphomen bereits erfolgreich, indem sie die T-Zellen (körpereigene Immunzellen) so «umprogrammiert», dass sie die Tumorzellen erkennen und zerstören.

Auf Umwegen gegen solide Tumore

Während dieser dritte Ansatz bei systemischen Erkrankungen relativ gut funktioniert, kommen die T-Zellen gegen solide Tumore nicht an. In einem Forschungsprojekt wollen der Molekularbiologe Simon Bredl und der Infektiologe Roberto Speck stattdessen die Fresszellen des Immunsystems so verändern, dass sie Tumorzellen erkennen und angreifen. Hierfür wollen sie die Makrophagen aus dem Blut der Patienten isolieren, gentechnisch verändern und sie anschliessend per Infusion wieder verabreichen. Die Makrophagen sollen dann in den Tumor einwandern und dessen Verteidigungsmauer zerstören. Durch diese Bresche könnten weitere Immunzellen eindringen und die Tumorzellen gemeinsam mit den Makrophagen vernichten. Die beiden USZ-Forscher hoffen, in wenigen Jahren eine erste klinische Studie durchführen zu können.

Und was ist mit CRISPR?

Die Anwendung der sogenannten Gen- Schere CRISPR klingt relativ einfach: Eine defekte Stelle in der Genom- Sequenz wird korrigiert. Genetische Krankheiten wären mit dieser Technologie im Prinzip heilbar, vorausgesetzt, die Krankheit zeichnet sich durch klar definierte Auffälligkeiten im Genom aus. Die Korrektur birgt aber auch die Gefahr unerwünschter Veränderungen. Und es stellen sich nebst vielen technischen und medizinischen insbesondere auch ethische Fragen. Fragen, denen Brigitte Leeners, Direktorin der Klinik für Reproduktions- Endokrinologie, in einem Teilprojekt des Forschungsschwerpunkts «Human Reproduction Reloaded» der Universität Zürich gemeinsam mit Forscher* innen verschiedener Fachdisziplinen nachgeht. Noch ist es ein weiter Weg, bis CRISPR routinemässig zu einer klinischen Anwendung kommt.

Roberto Speck, Prof. Dr. med.

Oberarzt meV, Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene

Tel. +41 44 255 33 22
Spezialgebiete: Viruserkrankungen (HIV, EBV, CMV, JC, Covid19 etc.), Sexuell übertragbare Erkrankungen, Antimikrobielle Therapien

Simon Bredl

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene

Tel. +41 44 255 91 90

Brigitte Leeners, Prof. Dr. med.

Klinikdirektorin, Klinik für Reproduktions-Endokrinologie

Tel. +41 44 255 50 01