Geruchs- und Geschmackssinnstörung

Dysosmie, Riechstörung, Dysgeusie

Eine Geruchs- und Geschmackssinnstörung kann unterschiedlich stark ausfallen. Manchmal können Betroffene nur bestimmte Geschmacksrichtungen nicht mehr erkennen, manchmal riechen und schmecken sie gar nichts mehr. Oder aber, jemand schmeckt etwas, das überhaupt nicht vorhanden ist. Eine Geruchsstörung (Dysosmie, auch Riechstörung genannt) kann auch getrennt von einer Geschmacksstörung (Dysgeusie) auftreten. Die Ursachen dafür können sehr unterschiedlich sein, etwa entzündliche Erkrankungen oder Unfälle.

Überblick: Was ist eine Geruchs- und Geschmacksstörung?

Das Gefühl kennen die meisten Menschen von einer starken Erkältung: Plötzlich schmeckt alles gleich, Nuancen sind nicht mehr wahrnehmbar. Selbst der sonst so verführerische Kaffeeduft verliert seinen Charme. Es gibt jedoch Menschen, bei denen dieses Phänomen dauerhaft auftritt. Andere nehmen Geschmack und Geruch anders wahr als die meisten Menschen. Dabei gibt es verschiedene Ausprägungen:

  • Anosmie: Betroffene riechen gar nichts mehr oder nur noch sehr wenig.
  • Hyperosmie/Olfaktorische Intoleranz: Betroffene reagieren überempfindlich auf Gerüche.
  • Parosmie: Betroffene empfinden Gerüche anders als die meisten Menschen.
  • Phantosmie: Betroffene nehmen Gerüche war, die nicht existieren.
  • Dysgeusie: Das Geschmacksempfinden ist gestört.
  • Ageusie: Betroffene schmecken gar nichts mehr.

Das Riechen funktioniert über die Riechzellen, die sich zwischen den Augäpfeln im Inneren der Nase befinden. Jeder Geruchsrezeptor in den Riechzellen passt nur zu einem von rund 350 verschiedenen Geruchsmolekülen. Die Riechzellen wandeln das dadurch entstehende chemische Signal in ein elektrisches um und leiten es an das Gehirn weiter. Dort werden die einzelnen Signale zu einem „Gesamtgeruch“ zusammengefügt.

Auch unser Schmecken ist zu 80 Prozent vom Geruch bestimmt. Nur 20 Prozent des Geschmackserlebnisses kommt von den Geschmacksknospen auf Zunge, Gaumen und Kehldeckel. Den grössten Teil des Genusses bestimmen die Riechrezeptoren in der Nase, zu denen die Duftmoleküle der Speisen durch den Rachen und durch die Nase strömen.

Häufigkeit und Alter

Geschmacksstörungen sind wesentlich seltener als Geruchsstörungen. Schätzungen gehen davon aus, dass bei einem von 20 Menschen der Geruchssinn mehr oder weniger stark gestört ist. Mit steigendem Alter nimmt die Fähigkeit ab, Geschmack intensiv und vielschichtig wahrzunehmen. Denn im Laufe der Jahre gehen Riechzellen verloren und auch der Riechkolben gibt immer weniger Informationen an das Gehirn weiter. Wer in jungem Alter wenig verschiedene Geschmacksrichtungen kennen lernt, verliert die Fähigkeit zu deren Unterscheidung. Nach einer Studie haben rund 20 Prozent aller Menschen Einschränkungen in der Geschmackswahrnehmung. 3,8 Prozent der Menschen riechen fast nichts mehr. In mehr als der Hälfte der Fälle sind Entzündungen der Nase und Nasennebenhöhlen der Grund für einen Arztbesuch bei einer Geschmacks- und Geruchsstörung.

Geruchs- und Geschmackssinnstörung: Ursachen und Risikofaktoren

Nur sehr selten ist eine Geruchs- und Geschmackssinnstörung angeboren. In den meisten Fällen entstehen sie durch eine Erkrankung oder (selten) einen Unfall. Die Ursachen dafür lassen sich in drei Gruppen einteilen:

  • Sinunasal: Betroffene können nicht riechen, weil die Duftmoleküle nicht zu den Riechzellen gelangen – etwa, weil die Nase zugeschwollen ist. Mögliche Ursachen dafür sind Infekte, Nasennebenhöhlenentzündungen, Allergien, Polypen oder eine verkrümmte Nasenscheidewand.
  • Schädigung der Nervenzellen: Die Geschmacksknospen im Mund oder die Riechzellen in der Nase funktionieren nicht richtig. Manchmal sind die Riechzellen nach einer Virusinfektion beschädigt. Tabakrauch, Kokain oder Kohlenmonoxid können die empfindlichen Zellen ebenso wie eine Strahlentherapie bei einer Krebsbehandlung ausser Gefecht setzen. Bei einem Sturz oder Schlag auf den Kopf können Riechnerven abreissen. Auch manche Medikamente können Geschmacksknospen oder Riechzellen beeinträchtigen.
  • Schädigung im Hirn: Manchmal funktionieren alle Riech- und Geschmacksnerven gut, aber die Information kann im Gehirn nicht richtig verarbeitet werden. Einerseits können die Nerven im Gehirn mechanisch verletzt werden, etwa bei einer Operation am Ohr oder Zahn, bei einem Sturz oder durch einen Hirntumor, der sich ausbreitet. Andererseits gibt es neurologische und psychiatrische Erkrankungen, die zu Einschränkungen im Geruchs- und Geschmacksempfinden führen können. Dazu zählen Alzheimer, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, bestimmte Epilepsieformen, Chorea Huntington, Schilddrüsenunterfunktion oder Diabetes mellitus. Auch Depressionen und schizophrene Psychosen gehen manchmal mit einer Geruchs- und Geschmacksstörung einher.

In den allermeisten Fällen sind Entzündungen der Nasennebenhöhlen oder respiratorische Störungen (Störungen des Atemflusses) der Grund für eine Geruchs- und Geschmackssinnstörung. Auch während einer Schwangerschaft, bei Migräne oder bei Menschen mit Diabetes mellitus können vorübergehende Geruchsstörungen auftreten.

Symptome: Geruchs- und Geschmackssinnstörung entwickelt sich langsam

In manchen Fällen tritt die Geruchs- und Geschmackssinnstörung ganz plötzlich auf: Nach einem Sturz merken Sie, dass Sie das Mittagessen oder den frisch gebackenen Kuchen nicht mehr riechen. Oder Sie haben eine dicke Erkältung oder Grippe und stellen anschliessend fest, dass Sie auch einige Wochen später Gerüche nicht richtig wahrnehmen. In vielen Fällen ist eine Geruchs- und Geschmackssinnstörung jedoch ein schleichender Prozess: Wenn die Nervenzellen entweder in der Nase, im Mund oder im Gehirn nach und nach beeinträchtigt werden, nimmt das Vermögen, Gerüche und Geschmäcker zu unterscheiden, langsam ab. Der Unterschied fällt oft gar nicht besonders auf. Ältere Menschen essen deshalb auch oft gerne Süssspeisen und Kuchen, weil sie süssen Geschmack besser wahrnehmen können als sauren und bitteren. Häufig geht eine Geruchs- und Geschmackssinnstörung dementsprechend mit Übergewicht einher. Betroffene ernähren sich oft einseitig und mit wenig Gemüse oder Vollkornprodukten. Gleichzeitig sind sie gefährdet, verdorbene Lebensmittel oder auch ausströmendes Gas nicht zu bemerken.

Geruchs- und Geschmackssinnstörung: Diagnose bei uns

Erst einmal versuchen wir, in einem ausführlichen Gespräch herauszubekommen, wie stark Ihr Geruchs- oder Geschmackssinn eingeschränkt ist. Wir möchten wissen, ob Sie nur bestimmte Duft- und Geschmacksrichtungen nicht mehr wahrnehmen. Dabei fragen wir Sie auch nach weiteren Erkrankungen und regelmässig eingenommenen Medikamenten sowie Unfällen oder Operationen. Anschliessend schauen wir uns sowohl den Mundraum und dessen Schleimhäute als auch die Nase und deren Zugänge zu den Nebenhöhlen an.

Dann folgen Riech- und Geschmackstests. Möglich sind folgende Tests:

  • Riechstifte
  • UPSI-Test
  • CCCRC-Test
  • Elektrische Messungen

Testverfahren mit Riechstiften

Häufig werden für den Riechtest Riechstifte eingesetzt: Diese verströmen einen bestimmten Duft, den die zu untersuchende Person erkennen soll. Auch die Schwelle, ab der eine betroffene Person einen Duft wahrnimmt, kann mit den Riechstiften ermittelt werden.

UPSI-Test (H4)

Beim so genannten UPSI-Test (University of Pennsylvania Smell Identification) befinden sich winzige Duftkapseln auf einem Papier und werden mit einem Stift nacheinander „freigerubbelt“.

CCCRC-Test (H4)

Beim CCCRC-Test (Connecticut Chemosensory Clinical Research Center) befinden sich 110 verschiedene Duftstoffe in kleinen Fläschchen. Zusätzlich soll die zu testende Person an Butanol in verschiedenen Konzentrationen riechen und sagen, ab wann sie den stechend riechenden Duftstoff wahrnimmt.

Elektrische Messungen bei Geruchs- und Geschmackssinnstörungen

Ist eine betroffene Person nicht in der Lage, sich zu seinem Riechvermögen zu äussern, gibt es auch objektive Tests. Dafür nehmen winzige Elektroden an der Riechschleimhaut der betroffenen Person die elektrischen Signale nach der Konfrontation mit spezifischen Duftstoffen ab.

In seltenen Fällen werden auch eine Magnetresonanztomografie (MRT), Computertomografie (CT) oder neurologische Untersuchungen empfohlen.

Geruchs- und Geschmacksstörung: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Wer gut schmecken möchte, sollte auf eine gute Mundhygiene achten – das gilt für jedes Alter. Bei Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, dass sie viele verschiedene Geschmacksrichtungen kennen lernen. Eltern und Bezugspersonen sollten ihnen deshalb immer wieder unterschiedlichste Lebensmittel sowie Düfte in der Natur präsentieren.

Auch bei Erwachsenen funktioniert das Training des Riechvermögens: Suchen Sie sich täglich einen „Schnupperparcour“ und verknüpfen Sie die Gerüche direkt mit Wörtern und Bildern. Riechen Sie also an einer Rose, stellen Sie sich dabei die Rose auch bildlich vor und sprechen Sie das Wort in Gedanken aus. Oder überlegen Sie, wie damals der Eintopf von Oma duftete oder das frisch gemähte Gras im Urlaub. Versuchen Sie, die Gerüche möglichst genau zu beschreiben.

Wenn Sie merken, dass bestimmte Dinge anders riechen und schmecken als früher, oder wenn alles irgendwie gleich schmeckt, dann sollten Sie uns aufsuchen.

Verlauf und Prognose von Geruchs- und Geschmackssinnstörungen

In manchen Fällen – etwa nach einem Virusinfekt – bildet sich die Geruchs- und Geschmackssinnstörung nach einiger Zeit von allein zurück. Bei angeborenen oder durch das Alter hervorgerufenen Beeinträchtigungen gibt es jedoch keine wirksame Hilfe. Sind andere Krankheiten oder Medikamente die Ursache, kann die Geruchs- und Geschmacksstörung nach Behandlung dieser Ursache wieder verschwinden. Auf jeden Fall hilfreich ist ein tägliches Training der Geschmacks- und Geruchsnerven. Auch eine vielfältige Ernährung ohne Fertigprodukte kann das Riech- und Schmeckvermögen stärken.

Geruchs- und Geschmackssinnstörung: Behandlung je nach Ursache

Ist eine andere Erkrankung die Ursache für die Geruchs- und Geschmackssinnstörung, so muss diese behandelt werden.