Phäochromozytom

Das Phäochromozytom ist ein Tumor, der sich meist im Nebennierenmark bildet und hormonell aktiv ist. Er schüttet in der Regel die blutdrucksteigernden Hormone Adrenalin und Noradrenalin aus. Phäochromozytome sind in den meisten Fällen gutartig und nur selten bösartig. Bemerkbar machen sich die Tumoren zum Beispiel durch Bluthochdruck, Kopfschmerzen oder Schwitzen.

Überblick: Was ist ein Phäochromozytom?

Die Ursachen bleiben oft unklar; etwa ein Drittel aller Phäochromozytome sind jedoch auf genetische Veränderungen zurückzuführen. So kommt das Phäochromozytom zum Beispiel bei den erblichen Erkrankungen Von-Hippel-Lindau-Syndrom, multiple endokrine Neoplasie Typ 2 (MEN 2) oder der Neurofibromatose Typ 1 vor. Die Behandlung der Wahl ist eine Operation.

Das Phäochromozytom ist ein Tumor, der in den meisten Fällen im Nebennierenmark entsteht – meist nur auf einer Seite. Er ist in der Regel gutartig und nur selten (zirka zehn Prozent) bösartig. Der Ursprung des Phäochromozytoms liegt in den sogenannten chromaffinen Zellen. Das sind besondere Drüsenzellen des Nebennierenmarks, die vor allem die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin und seltener den Botenstoff Dopamin freisetzen. Diese Substanzen gehören zur Gruppe der Katecholamine, die den Blutdruck steigern. Daneben gibt es Phäochromozytome, die sich aus chromaffinen Zellen ausserhalb des Nebennierenmarks entwickeln. Medizinische Fachleute nennen sie Paragangliome.

Ein Phäochromozytom kann stark erhöhten Blutdruck auslösen, wenn es grössere Mengen an Katecholaminen freisetzt. Betroffene verspüren zudem Symptome wie, Kopfschmerzen, Schwitzen, Schwindel oder Herzrhythmusstörungen. Allerdings kommt es lediglich bei 50 Prozent zu diesen typischen Beschwerden. Die Katecholamine helfen uns auch bei der Diagnose eines Phäochromozytoms. Wir bestimmen deren Abbauprodukte im Blut oder Urin.

Die Behandlung eines Phäochromozytoms besteht in einer Operation, bei der die Nebenniere samt Tumor entfernt wird. Zuvor müssen Betroffene jedoch einige Tage lang spezielle blutdrucksenkende Medikamente einnehmen. Sonst können die Tumoren während der Narkose oder OP lebensgefährlich hohe Mengen an Katecholaminen freisetzen und den Blutdruck massiv erhöhen.

Phäochromozytom– Häufigkeit und Alter

Es gibt keine genauen Daten über die Häufigkeit des Phäochromozytoms. Es wird aber geschätzt, dass ungefähr zwei von einer Million Einwohnern pro Jahr an diesem Tumor erkranken. Die Zahlen könnten in Wirklichkeit höher liegen, weil das Phäochromozytom schwer zu diagnostizieren ist und oft lange unentdeckt bleibt.

Prinzipiell kann der Tumor Menschen jeglichen Lebensalters treffen. Einen Häufigkeitsgipfel scheint es zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr zu geben. Der Tumor betrifft zudem beide Geschlechter gleichermassen. Weitere Daten zum Phäochromozytom sind:

  • Rund 85 bis 90 Prozent aller Phäochromozytome wachsen innerhalb der Nebenniere, die anderen sind ausserhalb lokalisiert.
  • Bei zirka 20 bis 25 Prozent entwickeln sie sich in beiden Nebennieren.
  • Rund 75 Prozent der Tumore entstehen vereinzelt (sporadische Formen). Bei einem Drittel liegen die Gründe in einer genetischen Veranlagung (familiäre Formen).

Phäochromozytom: Ursachen sind häufig genetisch bedingt

Die Ursachen des Phäochromozytoms, vor allem bei sporadischen Formen, sind häufig unklar. Anders ist es bei familiären Phäochromozytomen, bei denen verschiedene Gene verändert und an der Entstehung beteiligt sind. Manchmal sind die Tumoren des Nebennierenmarks dann bösartig und in vielen Fällen auch mit anderen Tumoren oder Erkrankungen assoziiert.

Einige Beispiele:

  • Multiple endokrine Neoplasie Typ 2 a/b (MEN): Das RET-Gen ist verändert. Das Risiko, dass der Tumor bösartig ist, liegt bei drei bis fünf Prozent.
  • Von-Hippel-Lindau-Syndrom: Betroffen ist das VHL-Gen. Die Gefahr für die Bösartigkeit des Tumors beträgt ungefähr fünf Prozent.
  • Neurofibromatose Typ 1 (Morbus Recklinghausen): Das NF1-Gen ist verändert. Etwa zehn Prozent beträgt das Risiko, dass das Phäochromozytom bösartig ist.
  • Paragangliom-Syndrom Typ 1: Die Veränderung betrifft das SDHD-Gen – das Risiko für die Bösartigkeit beträgt rund 23 Prozent.
  • Paragangliom-Syndrom Typ 2: Das SDHB-Gen ist mutiert. Etwa 50 Prozent der Phäochromozytome sind bösartig.

Symptome: Phäochromozytom erhöht den Blutdruck

Ein Phäochromozytom kann verschiedenste Symptome hervorrufen. Das wichtigste und häufigste Symptom ist der Bluthochdruck (Hypertonie). Charakteristisch ist, dass er sich auch durch eine Behandlung mit Medikamenten nicht ausreichend senken und auf normale Werte einstellen lässt. Der erhöhte Blutdruck ist bei der Mehrzahl der Menschen mit Phäochromozytom nachweisbar. Die Ursache ist die verstärkte Freisetzung von Katecholaminen, die den Blutdruck steigern, etwa Adrenalin und Noradrenalin.

Bei manchen sind die Blutdruckwerte dauerhaft zu hoch (Dauerhypertonie). Andere erleben dagegen öfters Bluthochdruckattacken. Dann schiesst der Blutdruck in die Höhe, manchmal sogar auf Werte über 300 mmHg. Solche Bluthochdruckattacken setzen oft bei körperlicher Belastung ein. Sie können fünf bis zehn Minuten anhalten, dann sinkt der Blutdruck wieder.

Daneben können noch einige weitere Symptome auftreten:

  • Kopfschmerzen
  • Schwitzen, Schweissausbrüche
  • Gesichtsblässe
  • Herzklopfen, beschleunigter Puls, Herzrhythmusstörungen
  • Schwindel
  • Müdigkeit
  • Übelkeit
  • Gewichtsverlust
  • Nervosität, Unruhe
  • Angst- und Panikzustände
  • erhöhter Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie)

Suchen Sie uns immer zeitnah auf, wenn Sie Bluthochdruck haben oder andere ungewöhnliche Symptome verspüren.

Bei einem Teil der betroffenen Personen bestehen aber gar keine Symptome und der Tumor wird als Zufallsbefund im Rahmen einer allgemeinen Bildgebung entdeckt. Erst die Hormondiagnostik führt dann zur endgültigen Diagnose.

Phäochromozytom: Diagnose

Die Diagnose eines Phäochromozytoms gestaltet sich für uns nicht ganz einfach. So kann der Tumor im Nebennierenmark lange unentdeckt bleiben. Manchmal stellen wir einen ungewöhnlichen Blutdruckanstieg auch zufällig im Rahmen einer Narkose, während einer Operation oder bei einem diagnostischen Eingriff fest.

Die Diagnostik beginnt immer mit der Krankengeschichte, der Anamnese. Wir interessieren uns zum Beispiel für folgende Fragen:

  • Welche Beschwerden haben Sie und seit wann?
  • Wie intensiv sind die Symptome ausgeprägt?
  • Gibt es Situationen, in denen sich die Beschwerden verstärken, zum Beispiel bei körperlicher Anstrengung?
  • Sind Grunderkrankungen bei Ihnen bekannt, zum Beispiel Bluthochdruck?
  • Gibt es erblich bedingte Krankheiten in Ihrer Familie?
  • Nehmen Sie Medikamente ein, etwa gegen einen zu hohen Blutdruck?

Nach der körperlichen Untersuchung ergänzen wir die erhobenen Befunde durch folgende Untersuchungen, welche uns weiteren Aufschluss über die Diagnose geben:

  • Blut- oder Urinuntersuchung: Wir bestimmen die Abbauprodukte der beiden Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin im Blutplasma oder Sammelurin über 24 Stunden. Metanephrin ist ein Stoffwechselprodukt des Adrenalins, Normetanephrin des Noradrenalins. Manchmal bestimmen wir zusätzlich die Menge der freien Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin im Urin. Die Blutentnahme muss unter speziellen Bedingungen abgenommen werden (nachdem Sie über mindestens 15 Minuten gelegen sind). Zu beachten ist ausserdem, dass einige Medikamente die Untersuchungsergebnisse verfälschen können, etwa Alphablocker, trizyklische Antidepressiva oder MAO-Hemmer.
  • Ultraschalluntersuchung (Sonografie)
  • Computertomografie (CT)
  • Magnetresonanztomografie (MRT = Kernspintomografie)
  • Positronenemissionstomografie (PET) in Kombination mit einer Computertomografie (CT): Dabei setzen Nuklearmediziner und Nuklearmedizinerinnen schwach radioaktive Substanzen (Tracer) ein; bei der Diagnostik des Phäochromozytoms kommt meist 18F-DOPA zum Einsatz (in Spezialfällen auch 18F-FDG). Bei extraadrenalen Tumoren (Paragangliomen) kommt zudem 68Ga-DOTATATE zum Einsatz. Sowohl hormonproduzierende als auch nicht-hormonproduzierende Tumoren lassen sich so gut nachweisen.
  • MIBG-Szintigrafie (Methyliodbenzylguanidin-Szintigrafie oder Nebennierenmark-Szintigrafie): Dies ist ebenfalls eine nuklearmedizinische Methode zum Nachweis von hormonproduzierenden Tumoren und Phäochromozytomen. Diese Technik wurde inzwischen weitgehend durch die PET ersetzt.
  • Genetische Untersuchung beim Verdacht auf erbliche Ursachen des Phäochromozytoms – bei rund 25 bis 40 Prozent der Betroffenen hat das Phäochromozytom genetische Ursachen. Wir versuchen anhand von Gentests, Träger und Trägerinnen der veränderten Gene innerhalb der Familie zu finden.

Es ist dabei wichtig, die Bedingungen der Blutentnahme zu beachten, um die Resultate interpretieren zu können. Hier ist die Erfahrung des Endokrinologen gefragt, um falsche positive oder negative Ergebnisse zu erkennen. Je nach Resultat gilt es die richtige Bildgebung für Betroffene individuell zu finden, da diese sich in ihrer Aussagekraft unterscheiden. Im USZ sind auch seltene Untersuchungen zeitnahe verfügbar und die Befundung erfolgt durch Fachleute aus der Nuklearmedizin.

Phäochromozytom: Vorbeugen, Früherkennung, Prognose

Die Ursachen des Phäochromozytoms sind in vielen Fällen unbekannt. Daher können Sie dem Tumor im Nebennierenmark bei sporadischen Fällen auch nicht vorbeugen. Es gibt ausserdem keine speziellen Früherkennungsmassnahmen für das Phäochromozytom. Wir finden es manchmal zufällig im Rahmen einer anderen Untersuchung. Bei Symptomen wie Bluthochdruck (dauerhaft oder anfallsartig) sollten Sie immer ärztlichen Rat einholen. Das gilt auch bei Herzrhythmusstörungen, starkem Schwitzen oder Kopfschmerzen – besonders wenn mehrere Symptome gemeinsam auftreten.

Bei etwa 25 bis 40 Prozent der Menschen mit einem Phäochromozytom spielen aber erbliche Faktoren eine Rolle. Hier sind regelmässige Vorsorgeuntersuchungen zum Beispiel bei gesunden Familienangehörigen mit den entsprechenden Genveränderungen sinnvoll:

Bei einer bekannten genetischen Erkrankung wie Neurofibromatose Typ 1, der Multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2 a/b, dem Von-Hippel-Lindau-Syndrom oder einem Paragangliom-Syndrom leiden, müssen Sie Ihre Erkrankung engmaschig und regelmässig von Endokrinologinnen oder Endokrinologen kontrollieren lassen. So kann ein Phäochromozytom frühzeitig entdeckt und behandelt werden.

Da es sich beim Phäochromozytom um eine seltene Erkrankung handelt, ist die Behandlung in einem spezialisierten Zentrum sinnvoll. Im unserer Nebennierensprechstunde im USZ werden Sie beraten hinsichtlich der notwendigen Abklärungen (genetische Untersuchung) und der daraus folgenden Weiterbetreuung (regelmässige Bildgebungen, Screening für andere Tumoren je nach Grunderkrankung).

Verlauf und Prognose bei einem Phäochromozytom

Der Verlauf und die Prognose beim Phäochromozytom lassen sich nicht allgemein vorhersagen. Wichtig ist es zunächst, ob der Tumor gutartig (meistens) oder bösartig (seltener) ist. Ausserdem spielt es eine Rolle, ob wir das Phäochromozytom rechtzeitig entdecken und behandeln können.

Der Verlauf und die Prognose nach der Operation ist unter anderem von der Erfahrung und Zusammenarbeit der betreuenden Fachleute aus Endokrinologie, Anästhesie und Chirurgie abhängig, welche aufgrund der Seltenheit des Phäochromozytoms nur in einem spezialisierten Zentrum wie dem USZ gegeben ist.

Lässt er sich durch eine Operation entfernen, ist die Prognose meist günstig. Der Blutdruck normalisiert sich und die Beschwerden verschwinden. Allerdings besteht die Gefahr, dass das Phäochromozytom zurückkehrt (Rezidiv). Daher sind lebenslange jährliche Kontrollen sehr wichtig.

Ein unentdecktes und unbehandeltes Phäochromozytom kann dagegen einige Folgen haben. Der dauerhaft oder anfallsweise erhöhte Bluthochdruck kann langfristig das Herz-Kreislauf-System schädigen. Zudem bringt der erhöhte Druck in den Gefässen noch andere Organe in Gefahr.

Bei einem bösartigen Phäochromozytom können der Verlauf und die Prognose individuell sehr verschieden sein. Der Tumor kann aggressiv sein, schnell wachsen und sich ausbreiten. Andere entwickeln sich dagegen langsamer und verhalten sich eher wie ein gutartiger Tumor.

Wie bei allen Krebsarten gilt: Je früher wir den Tumor entdecken, desto besser ist auch die Prognose. Hat der Tumor schon Metastasen in anderen Organen gebildet, verschlechtern sich die Überlebenschancen. Fünf Jahre nach der Diagnose eines bösartigen Phäochromozytoms leben 35 bis 60 Prozent der Betroffenen noch.

Phäochromozytom: Behandlung bedeutet Operation

Das Phäochromozytom wird im Rahmen einer Operation behandelt. Wir entfernen dabei die Nebenniere samt Tumor. „Adrenalektomie“ heisst der chirurgische Eingriff. Meistens operieren wir minimal-invasiv mittels Schlüssellochchirurgie. Diese Bauchspiegelung (Laparoskopie) funktioniert mit wenigen kleinen Schnitten und gilt als schonend. Ist dies nicht möglich oder ist das Phäochromozytom bösartig, kommt die offene Operation per Bauchschnitt zum Einsatz.

Sieben bis 14 Tage vor der Operation müssen Sie besondere Medikamente, sogenannte Alphablocker, gegen Bluthochdruck einnehmen. Ein häufig eingesetzter Wirkstoff ist Phenoxybenzamin. Das Medikament hebt die Wirkung des Adrenalins und Noradrenalins an den Gefässen auf. So lassen sich Bluthochdruckzwischenfälle während der Narkose und Operation vermeiden.

Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.