Nahezu 200 verschiedene Erkrankungen fassen Fachleute unter dem Begriff «Rheuma» zusammen. «Rheuma» ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen, deren Ursachen Stoffwechselstörungen, Abnutzung (Arthrose) oder Entzündungen sein können. Sie betreffen vorwiegend den Bewegungsapparat. Eines der häufigsten Krankheitsbilder ist die rheumatoide Arthritis, früher auch chronische Polyarthritis genannt.
Die Häufigkeit beträgt rund 1%. Trotzdem wird die Erkrankung bis heute leider häufig zu spät diagnostiziert und behandelt, was zu einer Beschädigung und Funktionseinschränkung der Gelenke führen kann. Bei dieser chronischen Gelenksentzündung schädigen körpereigene Abwehrzellen die Gelenkschleimhaut. In der Folge kommt es zu Schmerzen, Schwellungen, unbeweglichen und steifen Gelenken und eventuell Schäden am Knorpel. Die rheumatoide Arthritis ist letztendlich nicht heilbar, es können aber bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie Beschwerden gelindert und das Entstehen von Schäden verhindert oder verzögert werden.
Die rheumatoide Arthritis ist eine sogenannte Autoimmunerkrankung, welche hauptsächlich mit Entzündungen der Gelenke einhergeht. Das Immunsystem identifiziert fälschlicherweise Teile des eigenen Körpers als fremd und problematisch. Eine Entzündung ist die spürbare und messbare Folge.
Die Innenhaut von Gelenken, Schleimbeutel und Sehnenscheiden werden durch Immunzellen angegriffen und letztendlich zerstört. Oft verläuft die Erkrankung in Schüben von mehrwöchiger Dauer. Neben verschiedenen Gelenken sind manchmal auch innere Organe mitbeteiligt. Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer. Obwohl die rheumatoide Arthritis in jedem Alter auftreten kann, also auch bei Kindern, steigt das Risiko mit zunehmendem Alter. Meistens liegt der Krankheitsbeginn zwischen 40 und 50 Jahren.
Die Bedeutung des Immunsystems für die Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis ist unbestritten, wobei die genauen Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind. Neben bestimmten Viren und Bakterien, die wohl ein Auslöser sein können, sind auch erbliche Faktoren an der Krankheit beteiligt. Zusätzlich zählen Übergewicht, Rauchen und Parodontitis zu den begünstigenden Einflüssen für die Entstehung der Erkrankung. Wahrscheinlich entwickelt sich die rheumatoide Arthritis durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren über mehrere Jahre. Das komplexe Immunsystem des Menschen entwickelt eine Art Fehlprogrammierung. Abwehrzellen lösen in den Gelenken entzündliche Prozesse aus. Daraufhin wuchert die Gelenkinnenhaut und es kann zu einem Gelenkerguss respektive einer Synovitis kommen. Mit der Zeit werden Knorpel, Knochen und Bänder des Gelenks zerstört. Weisse Blutkörperchen beseitigen abgestorbene Partikel, während sie weitere entzündliche Stoffe freisetzen. So beginnt ein Teufelskreis, dem durch die Behandlung und Minimierung der Risikofaktoren begegnet werden muss.
Im frühen Verlauf der rheumatoiden Arthritis treten möglicherweise unspezifische Zeichen für eine Erkrankung auf, die zunächst nicht direkt auf die Ursache schliessen lassen. Dazu gehören unter anderem:
Darüber hinaus gibt es typische Anzeichen, die den Bewegungsapparat mit unterschiedlicher Intensität betreffen, wobei der Beginn häufig schleichend ist und sich die Symptome über Wochen und Monate entwickeln können. Die Symptome treten oft schubweise auf, das heisst die Beschwerden klingen möglicherweise zwischenzeitlich ab. In der Regel sind mehrere Gelenke betroffen, wobei eine Oligoarthritis (2-4 Gelenke) oder eine Polyarthritis (> 4 Gelenke) vorliegen kann. In seltenen Fällen liegt ein einzelnes betroffenes Gelenk vor (Monoarthritis). Mögliche Symptome sind:
Da die rheumatoide Arthritis im fortschreitenden Verlauf möglicherweise auch weitere Entzündungsherde an anderen Organen mit sich bringt, können verschiedene Erkrankungen von Herz, Lunge, Leber, Nieren, Augen und Blutgefässe zu vielfältigen Symptomen führen, wobei je nach betroffenem Organ eine bedrohliche Situation vorliegen kann. Mögliche Organmanifestationen sind:
Speziell zu erwähnen ist bei Arthritispatienten und -patientinnen zudem das allgemein erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (wie z.B. Herzinfarkt), so dass entsprechende Massnahmen ergriffen werden sollten (u.a. Ernährung, Bewegung, optimale Einstellung der Blutfettwerte, des Blutzuckers, des Blutdruckes).
Wenngleich ein frühzeitiges Erkennen (innerhalb der ersten drei Monate nach Auftreten der ersten Beschwerden) der rheumatoiden Arthritis äusserst wichtig ist, kann eine Diagnose aufgrund der unspezifischen Erstsymptome schwierig sein. Es fehlen eindeutige Tests, und so ist eine Kombination von Selbstbeobachtung des Betroffenen und diagnostischer Methoden die erfolgreichste Option. Die Diagnosestellung einer rheumatoiden Arthritis erfordert viel Erfahrung. Hauptpfeiler ist eine ausführliche Befragung, in der unter anderem folgende Punkte festgehalten werden:
Auch eine körperliche Untersuchung, bei der alle Gelenke, auch nicht betroffene, auf Druckempfindlichkeit, Schwellung und Funktionsbeeinträchtigung inspiziert und getastet werden. Zusätzlich lässt man folgende Blutwerte überprüfen:
Einige dieser Blutwerte können manchmal Jahre vor Ausbruch der Krankheit bereits auf eine rheumatoide Arthritis hinweisen. Sollten Sie einen erhöhten ACPA-Wert aufweisen, können sie durch gezielte Gegenmassnahmen der Erkrankung vorbeugen oder zumindest Ihren Verlauf gegebenfalls abmildern und verlangsamen Weiter unterstützen bildgebende Verfahren die Diagnose:
Durch die nicht abschliessend geklärten Ursachen der rheumatoiden Arthritis ist eine Vorbeugung und auch die Früherkennung nur in begrenztem Masse möglich. Sicher ist, dass Rauchen und Übergewicht die Entstehung des Krankheitsbildes begünstigen und ihren Verlauf beschleunigen. Weiter gehen diese Risikofaktoren mit einem schwereren Verlauf und weniger gutem Therapieansprechen einher. Auch eine gute Mundhygiene kann der Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis entgegenwirken.
Eine Früherkennung ist in einigen Fällen durch die Blutuntersuchung von Rheumafaktoren und dem oben erklärten ACPA-Wert möglich. Bei einer bestehenden rheumatoiden Arthritis ist eine vollständige Heilung nicht möglich. Der entstandene Schaden kann sich nicht regenerieren. Ziel ist deshalb eine Verlangsamung und günstigenfalls ein kompletter Rückgang der Krankheitsaktivität. Die Kombination verschiedener Therapiemassnahmen mit einem angepassten Lebenswandel erzielt dabei meist gute Ergebnisse.
Eine Therapie der rheumatoiden Arthritis setzt sich optimalerweise aus vielen verschiedenen Bausteinen zusammen. Neben Medikamenten, Spritzverfahren und immer weniger häufig Operationen gehören zu einer Behandlung auch eine unterstützende Physio-, Ergotherapie und physikalische Therapie. Erkrankte sollten mit Ihrer behandelnden Ärztin oder ihrem behandelnden Arzt einen Behandlungsplan erarbeiten, der an ihre individuellen Bedürfnisse angepasst ist.