Unser Gleichgewicht wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, eine wichtige Instanz ist dabei das Gleichgewichtsorgan. Verschiedene Krankheiten, aber auch bestimmte Medikamente können es so beeinflussen, dass Störungen wie Schwindel auftreten. Uns stehen unterschiedliche Diagnosemöglichkeiten zur Verfügung und auch entsprechende Therapien, um das Gleichgewichtsorgan wieder in die richtige Balance zu bringen.
Ein kurzer Schwindel, ein vermeintliches Schwanken – Störungen des Gleichgewichts können nur einen Bruchteil von Sekunden anhalten, aber auch länger oder immer wieder auftreten. Vor allem, wenn die Störungen zum ersten Mal erscheinen, verunsichern sie und lösen Angst aus. Rund jede vierte Person erlebt in ihrem Leben mindestens einmal Gleichgewichtsstörungen. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Gleichgewichtsstörungen und Schwindel.
Der Gleichgewichtssinn ist ein kompliziertes Netzwerk und reagiert sensibel. Das Gleichgewichtsorgan befindet sich im rechten und linken Innenohr, geschützt durch das jeweilige Schläfenbein. Es besteht jeweils aus fünf verschiedenen winzigen Hohlorganen: Zwei Vorhofsäckchen (Otolithorgane) und drei in unterschiedlichen Raumrichtungen, annähernd rechtwinklig zueinander, angeordnetenBogengängen. Alle diese Hohlorgane enthalten auf ihrer Membran ein Gel sowie im Innenraum Flüssigkeit und sind mit Sinneszellen ausgekleidet, auf denen sich wiederum kleinste, antennenähnliche Härchen befinden. Auf den Härchen der Otolithorgane sitzen winzigste Kalziumkarbonatkristalle, die Otolithen, auch Ohrsteinchen genannt.
Jede Bewegung des Kopfes verändert die Lage der Flüssigkeit. Diese Lageveränderung wird von den Härchen auf die Sinneszellen als Reiz übertragen. Von ihnen führen Nervenbahnen (Nervus vestibularis) ins Gehirn, auf diesem Weg wird der Reiz weitergeleitet ins Gleichgewichtszentrum des Gehirns. Hier werden diese Reize gemeinsam mit den Informationen verarbeitet, die von den Augen – sowie von Sensoren in Muskeln und Gelenken (Lageempfinden) – gesendet werden. Auf diese Weise entsteht im Gehirn der Eindruck, welche Lage, Haltung und Position wir momentan einnehmen.
Der Gleichgewichtssinn ist also von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Genauso vielfältig können die Ursachen dafür sein, wenn es zu Störungen des Gleichgewichts und Schwindel kommt.
Zu den bekanntesten Ursachen für eine Dysbalance gehören der Konsum von Alkohol und anderen Drogen. Doch auch der schwankende Boden bei Schifffahrten, eine kurvenreiche Strecke mit dem Auto oder Turbulenzen bei einem Flug können das Innenohr mit Reizen überfluten. Schwindel, aber auch Erbrechen können die Folgen sein, zusammengefasst wird dieses Phänomen unter dem Begriff Reisekrankheit.
Auch manche Medikamente zur Behandlung von Herz-Kreislaufkrankheiten, etwa Blutdrucksenker, können als Nebenwirkung Gleichgewichtsstörungen hervorrufen. Dieses Risiko kann auch bei Psychopharmaka bestehen sowie bei Beruhigungsmitteln und manchen Hormonmitteln wie Schilddrüsenhormonen.
Fachleute unterschieden die Ursachen für Gleichgewichtsstörungen jedoch in erster Linie dadurch, ob sie durch Störungen im Ohr, also im Gleichgewichtsorgan oder durch Probleme in anderen Organen hervorgerufen werden.
Vor allem im Alter klagen viele über Schwindel und Störungen des Gleichgewichts mit Gangstörungen, oft als Altersschwindel bezeichnet. Denn altersbedingte Veränderungen sind wichtige Risikofaktoren für diese Probleme. So funktioniert die Durchblutung nicht mehr so gut wie in jungen Jahren. Von dieser Minderdurchblutung ist auch das Innenohr betroffen. Zusätzlich erfolgt die Reizweiterleitung über die Nerven nicht mehr so rasch. Solche Symptome sollten nicht grundsätzlich als „altersbedingt“ akzeptiert werden, da oft durch eine genaue Untersuchung und Beurteilung geeignete Massnahmen getroffen werden können, um zum Beispiel das Risiko für Stürze als wichtige Folge von Schwindel reduzieren zu können.
Weitere Körperbereiche, die mit dem Gleichgewicht zu tun haben, sind durch Alterserscheinungen häufig ebenfalls beeinträchtigt: Die Augen funktionieren nicht mehr so gut, durch Arthrose kommt es zu Gangunsicherheiten. Eine nicht unerhebliche Rolle spielen Medikamente, die ältere Menschen häufig einnehmen müssen.
Störungen des Gleichgewichts mit Gangstörungen sind ausserdem häufig der Grund dafür, warum ältere Menschen ein hohes Sturzrisiko haben. Sie können beim Stolpern nicht so rasch reagieren und verfügen oft auch nicht mehr über die Muskelkraft, den Sturz abzufangen. Das Verletzungsrisiko steigt damit für sie.
Die Anzeichen hat wohl jeder schon mal erlebt – die Welt scheint sich um einen zu drehen, wie das beispielsweise typisch durch zu viel Alkohol auftreten kann oder wenn Sie nach langem Sitzen oder Liegen zu schnell aufstehen. Manchmal haben Betroffene auch das Gefühl, der Boden unter den Füssen wird kurz weggezogen oder sie fallen ins Leere.
Zusätzlich können Hör- und Sehstörungen auftreten, auch Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sind möglich. Insgesamt fühlen sich die Betroffenen sehr verunsichert. Denn die Probleme verstören und letztendlich besteht die Angst, dass „im Gehirn irgendetwas nicht in Ordnung sein könnte.“
Im Alter können Symptome oft subtil oder „atypisch“ auftreten oder lassen sich weniger gut auf eine bestimmte Ursache zurückführen. Hier kann das geriatrische Assessment helfen, bei Betroffenen mögliche altersassoziierte Erkrankungen und Probleme zu identifizieren und eine individuelle Behandlungsplanung vorzunehmen.
Als Alarmzeichen gelten:
Lassen Sie diese Symptome zeitnah von uns abklären. Wir werden Sie zuerst nach Ihren Beschwerden fragen und auch Ihren sonstigen Gesundheitszustand, eingenommene Medikamente und weiteres erfahren wollen. Leitfäden sind dabei etwa standardisierte Fragenkataloge wie Dizziness Handicap Inventory (DHI-G) oder Vertigo Symptom Scale (VSS-G).
Daran knüpfen sich verschiedene Diagnoseoptionen, mit denen abgeklärt werden kann, welche Ursachen die Gleichgewichtsstörungen haben und um welche Form des Schwindels es sich handelt:
Es gibt zwei häufig eingesetzte Methoden zur Gleichgewichtsprüfung: Für den ersten, den Romberg-Test, muss sich die betroffene Person mit geschlossenen Beinen aufrecht hinstellen –zuerst mit offenen Augen, dann mit geschlossenen. Schwankt sie dabei, gilt das als Hinweis auf eine Störung des Gleichgewichtsorgans. Das lässt sich auch mit der zweiten Methode überprüfen, dem Unterberger-Test: Dabei geht die betroffene Person auf der Stelle, die Arme sind nach vorne ausgestreckt, die Augen geschlossen. Funktioniert das Gleichgewichtsorgan nicht ausreichend, dreht sich die betroffene Person beispielsweise um sich selbst.
Nystagmus, also unwillkürliches Augenzittern, gilt ebenfalls als Hinweis auf eine Störung des Gleichgewichtsorgans. Das Zittern bildet sich als Reaktion auf die Falschmeldungen ans Gehirn. Wenn der Blick fixiert ist, lässt sich das Zittern jedoch nicht erkennen. Hier hilft die Frenzel-Brille. Sie vergrössert sehr stark. Aufgrund dieser starken Vergrösserungsgläser ist es für die betroffene Person unmöglich, etwas genau zu fixieren und wir können das Augenzittern erkennen.
Um die Funktionen der verschiedenen Organe zu überprüfen, die mit unserem Gleichgewichtssinn in Verbindung stehen, können bei Bedarf noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden, etwa:
Jede körperliche Erkrankung kann auch mit psychischen Belastungen verbunden sein. Diese kann sich unter anderem in Sorgen, Anspannung, Gedankenkreisen oder Schlafstörungen zeigen und den Behandlungsverlauf erschweren. Falls Sie oder Ihre Angehörigen den Wunsch nach psychiatrisch-psychologischer Beratung und Unterstützung haben, stehen Ihnen unsere Fachleute im USZ gerne zur Verfügung.
Um Schwindel und Gleichgewichtsstörungen möglichst zu vermeiden, helfen diese Ratschläge:
In den allermeisten Fällen verschwinden Gleichgewichtsstörungen wieder – mit der entsprechenden Therapie und wenn die Ursachen beseitigt werden. Oft ist es jedoch allein mit Medikamenten nicht getan, die betroffene Person muss selbst regelmässig aktiv werden.
Meistens lässt sich anhand sorgfältiger Diagnose der Auslöser für die Gleichgewichtsstörungen finden. Dann können wir die entsprechende Therapie zusammenstellen. Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.