Eine stumpfe Thoraxverletzung entsteht durch Einwirkung von stumpfer Gewalt auf den Brustkorb – meist bei einem Verkehrsunfall oder einem Sturz aus grosser Höhe. Aber auch Haushalts- und Berufsunfälle sowie Schlägereien können den Brustkorb verletzen. Auch wenn es im Gegensatz zur offenen Thoraxverletzung meist keine sichtbaren Wunden gibt, können dennoch schwere innere Verletzungen vorliegen – und zwar aller Organe, grossen Gefässe und Strukturen, die sich im Brustkorb befinden. Die Symptome hängen von der Art und Schwere der Verletzung ab. Danach richtet sich immer auch die Therapie.
Eine stumpfe Thoraxverletzung ist ein Trauma des Brustkorbs, das durch stumpfe Gewalteinwirkung entsteht. Im Gegensatz zur offenen Thoraxverletzung bleibt dabei die Haut intakt und es entsteht keine offene Wunde im Brustkorb, etwa durch einen eingedrungenen Gegenstand wie ein Messer oder Projektil aus einer Waffe. Dennoch können beim stumpfen Thoraxtrauma innere Verletzungen vorliegen.
Die Ursachen für die stumpfe Thoraxverletzung sind oft Verkehrsunfälle. Beim Zusammenprall von Kraftfahrzeugen entfalten sich enorme Beschleunigungskräfte, die auf den Brustkorb einwirken. Aber auch Berufs- und Haushaltsunfälle können stumpfe Thoraxverletzungen hervorrufen, etwa ein Sturz von der Leiter beim Fensterputzen oder vom Gerüst. Manchmal ist auch ein heftiger Faustschlag oder Fusstritt für das stumpfe Thoraxtrauma verantwortlich.
Im Prinzip können sämtliche Organe, Knochen, Gewebe und Gefässe im Brustkorb Schaden nehmen: Rippen, Brustbein, Schlüsselbeine und Wirbelkörper, aber auch die Lunge, das Herz, die Speise- und Luftröhre, das Zwerchfell oder grosse Gefässe, die dort verlaufen. Besonders gefährlich sind zum Beispiel die Lungenquetschung, ein Pneumothorax (besonders Spannungspneumothorax), Hämatothorax oder ein Riss in der Hauptschlagader.
Selbst wenn das Herz und die Lunge nicht direkt verletzt sind – durch die Störung des Gasaustauschs und des Blutkreislaufs kann ihre Funktion dennoch beeinträchtigt sein. Bei vielen Patientinnen und Patienten ist zudem nicht nur der Brustkorb verletzt, sondern wir finden zusätzlich Verletzungen im Brauchraum, Gehirn, des Becken oder der langen Röhrenknochen – wir sprechen von einem Polytrauma.
Die Symptome hängen davon ab, welche Organe im Brustkorb wie ausgedehnt verletzt sind und ob noch weitere Organe und Gewebe ausserhalb des Brustkorbs Schaden genommen haben. Häufig haben Unfallopfer Schmerzen im Brustkorb, das Atmen ist schmerzhaft und sie leiden unter Atemnot. Ohne schnelle Behandlung kann eine schwere stumpfe Thoraxverletzung lebensgefährlich werden. Ein Verkehrsunfall mit einem Thoraxtrauma gehört in der Regel in die Hände eines Unfallchirurgen.
Ein Thoraxtrauma ist in mehr als 90 Prozent der Fälle eine stumpfe Verletzung. Sie kommt also deutlich häufiger vor als die offene Thoraxverletzung. Besonders oft sind Verkehrsunfälle der Grund. Beim Aufprall mit hohem Tempo können enorme Beschleunigungskräfte auf den Brustkorb einwirken. Im Prinzip kann die Verletzung des Brustkorbs Menschen jeglichen Alters treffen – Babys, Jugendliche, Erwachsene oder betagte Menschen.
Stumpfe Thoraxverletzungen können mehrere Ursachen haben. Auf Platz eins der häufigsten Gründe stehen Verkehrsunfälle mit dem Auto, LKW, Motorrad, Roller, Fahrrad oder als Fussgänger. Beim einem Aufprall auf den Brustkorb kann es Prellungen und Quetschungen mit Organverletzungen des Thorax kommen.
Auch Unfälle im Haushalt oder Beruf kommen als Ursachen für stumpfe Thoraxverletzungen in Frage. Beispiele sind ein Sturz aus grösserer Höhe von der Leiter oder einem Gerüst (zum Beispiel beim Fensterputzen, Reinigen der Dachrinne, Maler- und Gerüstarbeiten). Daneben sind Sport (Ballsportarten), Schlägereien und Misshandlungen (Schläge, Tritte) oder Verschüttungen (Erdbeben, Lawinen) mögliche Ursachen für stumpfe Verletzungen des Brustkorbs. Auch hier können erhebliche Kräfte auf den Brustkorb einwirken.
Folgende Organe, Gewebe und Gefässe nehmen besonders oft Schaden:
Eine stumpfe Thoraxverletzung kann eine Reihe verschiedener Symptome hervorrufen. Sie reichen von geringen Schmerzen bis hin zu lebensgefährlichen Schocksymptomen. Entscheidend ist, welche Art der Verletzung vorliegt und wie schwer sie ausfällt. Auch spielt es für die Beschwerden eine Rolle, welche und wie viele Organe, Gewebe und Strukturen im Brustraum geschädigt sind und ob noch weitere Verletzungen vorliegen, etwa im Bauch oder Gehirn.
Einige Beispiele:
Bei der Thoraxprellung sind keine knöchernen Strukturen geschädigt. Sie kann sich zum Beispiel anhand folgender Symptome zeigen:
Bei einer starken Gewalteinwirkung sind Organe im Brustkorb geschädigt. Folgende Verletzungen und Symptome können zum Beispiel auftreten:
Bei einer stumpfen Thoraxverletzung versucht der Unfallchirurge, die Diagnose möglichst schnell zu stellen. Man erfasst kurz die Krankengeschichte und fragt die Betroffenen – sofern sie ansprechbar sind – nach dem Unfallhergang (Verkehrs-, Haushalts-, Berufsunfall, Schlägerei) sowie ihren Symptomen. Manchmal können auch Umstehende oder Augenzeugen Auskünfte geben, was genau wie passiert ist.
Anschliessend untersucht man die Patientin oder den Patienten körperlich. Man sucht nach optisch erkennbaren Verletzungszeichen, zum Beispiel Prellmarken durch den Anschnallgurt, Blutergüsse oder Schürfwunden. Zudem tastet man vorsichtig den Brustkorb ab und prüft, ob dies schmerzhaft für das Unfallopfer ist. So erhalten wir zum Beispiel Hinweise auf Frakturen von Rippen, Schlüsselbeinen oder dem Brustbein. Beim Abtasten verursachen Knochenbrüche meist schmerzhafte und hörbare Geräusche, wenn die Knochen aufeinander reiben. Man kann gerade bei intubierten Patientinnen und Patienten auch erfühlen, ob die Knochen instabil sind.
Im Spital kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz, die Erkenntnisse über die Art und das Ausmass der stumpfen Thoraxverletzung geben. Sie zeigen zudem, ob begleitende Organe im Bauchraum oder das Gehirn mitverletzt sind. Solche Mehrfachverletzungen (Polytraumata) sind keine Seltenheit bei Unfällen und sie sind besonders gefährlich. Wichtige Untersuchungsmethoden sind zum Beispiel:
Besondere Massnahmen zur Vorbeugung und Früherkennung der stumpfen Thoraxverletzung gibt es nicht. Die Vorbeugung besteht im Einhalten von Höchstgeschwindigkeiten, Tragen von Sicherheitsgurten, Airbag, Vermeiden von Alkohol im Strassenverkehr etc.
Der Verlauf und die Prognose richten sich nach der Art und Schwere der stumpfen Thoraxverletzung. Eine leichte Thoraxprellung ist zwar schmerzhaft, heilt aber in den meisten Fällen von selbst wieder aus und die Prognose ist günstig. Allerdings kann der Heilungsprozess Monate dauern. Dennoch kann selbst eine einfache Thoraxprellung aufgrund der schmerzbedingten Schonatmung bedrohlich werden: Das Sekret staut sich in der Lunge, Bakterien können sich ansiedeln und es entwickelt sich eine Lungenentzündung.
Gravierende Verletzung wie ein Herzriss, Riss der Aorta oder der Speiseröhre sind mit einer hohen Sterblichkeit verbunden. Eine sofortige, umfassende Behandlung ist nötig, wenn Organe, Gewebe und Strukturen im Thorax geschädigt sind und noch weitere Begleitverletzungen vorliegen, zum Beispiel im Bauchraum oder Gehirn. Wir müssen diese Verletzungen schnell behandeln, sonst kann die Brustkorbverletzung tödlich enden. So stehen ungefähr 25 Prozent aller Todesfälle nach einem Unfall mit einer Thoraxverletzung in Zusammenhang.
Die Behandlung der stumpfen Thoraxverletzung hängt von dem Ausmass der Verletzung ab. Wichtig ist zum Beispiel, ob Knochenbrüche oder Schäden an der Lunge, dem Herz oder den grossen Gefässen vorliegen. Auch andere Verletzungen ausserhalb des Brustkorbs müssen wir umgehend behandeln.
Bei leichten Verletzungsformen des Brustkorbs genügen meist Schmerzmedikamente. So können Patientinnen und Patienten schmerzfrei atmen oder sich bewegen. Hilfreich ist eine Atemgymnastik, die Sie bei einer Physiotherapeutin oder einem Physiotherapeuten erlernen. Das Risiko für eine Lungenentzündung sinkt dadurch. Verbände über den Brustkorb bringen meist nichts.
Kleinere Ansammlungen von Luft oder Blut (gering ausgeprägter Pneumo-/Hämatothorax) kontrollieren wir zunächst regelmässig im stationären Setting mittels Röntgenbilder und klinischen Untersuchungen. Wir beobachten, ob sie sich zurückbilden. Wenn nicht, hilft eine Thoraxdrainage, um Luft oder Flüssigkeit abzusaugen.
Die Notfallversorgung bei Schwerletzten umfasst in der Regel folgende Therapien:
Bei schwereren stumpfen Thoraxverletzungen ist gelegentlich eine Operation notwendig. Hierzu zählen Einlage einer Thoraxdrainage in mittleren Fällen, eine Brustkorbspiegelung in mittelschweren oder eine Brustkorberöffnung in schweren Fällen. Anschliessend überwachen wir die Patientin und den Patienten einige Zeit auf der Intensivstation.
Bei einem operativen Eingriff wird vom Institut für Anästhesiologie das individuell auf Sie angepasste Anästhesie-Verfahren ausgewählt.