Warum will es bei manchen Paaren einfach nicht klappen mit der Schwangerschaft? Im Interview spricht Professorin Brigitte Leeners* über die Ursachen von Unfruchtbarkeit – und was man dagegen tun kann.
Wir können mögliche Ursachen untersuchen. Wobei wir natürlich hoffen, dass wir trotz eventueller Hindernisse zu einer Schwangerschaft verhelfen können.
Je älter die Frau ist, desto früher sollte eine Abklärung erfolgen, da das Zeitfenster, in dem sie schwanger werden kann, kleiner wird. Nach einem Jahr mit regelmässigem, ungeschütztem Geschlechtsverkehr ist bei jüngeren Paaren eine Abklärung sinnvoll. Falls die Frau über 35 Jahre alt ist, empfehlen wir Untersuchungen bereits nach einem halben Jahr.
Es gibt viele Ursachen für Unfruchtbarkeit. Je in rund einem Drittel der Fälle liegt der Grund ausschliesslich bei der Frau bzw. beim Mann. Und in einem weiteren Drittel ist es eine Kombination aus beidem. Bei Frauen ist oft eine Störung der Eizellreifung oder die Krankheit Endometriose der Grund. Es kann aber auch sein, dass beispielsweise wegen einer Entzündung die Eileiter verschlossen sind oder als Folge einer Operation ganz fehlt. Beim Mann ist der Grund für die Unfruchtbarkeit in der Regel eine eingeschränkte Spermienqualität. Dafür kennt man bis heute nicht alle Ursachen.
Wir klären immer beide Partner ab. Beim Mann führen wir ein Spermiogramm durch, bzw prüfen, wie viele befruchtungsfähige Spermien zur Verfügung stehen. Um eine Eizelle zu befruchten, braucht es etwa 100‘000 Spermien. Bei der Frau bestimmen wir verschiedene Hormone zur Beurteilung der Eizellreserve und des Zyklusgeschehens. Ausserdem werden beide Partner auf Infektionserkrankungen wie Hepatitis B und C, HIV und Clamydieninfekte untersucht. Schliesslich prüfen wir die Gebärmutterhöhle und die Durchgängigkeit der Eileiter.
Wir können helfen, indem wir die Eizellreifung unterstützen. Nach Auslösen des Eisprungs kann entweder Geschlechtsverkehr in einem definierten Zeitfenster erfolgen oder die gereinigten und konzentrierten Spermien direkt in die Gebärmutterhöhle eingebracht werden. Beide Optionen kommen nur bei ausreichender Spermienqualität infrage. Sollte dieser Weg nicht zum Erfolg führen, kann eine In-vitro-Fertilisation (künstliche Befruchtung) durchgeführt werden, wobei man bei sehr eingeschränkter Spermienqualität auch direkt ein Spermium in eine Eizelle geben kann. Dies nennt sich Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI).
Eine Unterstützung der Eizellreifung mit Geschlechtsverkehr oder einem direkten Einbringen der Spermien in die Gebärmutter hat eine Chance von 8-14 Prozent zu einer Schwangerschaft zu führen. Bei einer künstlichen Befruchtung liegt diese bei 35-40 Prozent.
Zunächst gibt es ein Erstgespräch mit der Kaderärztin. Dann folgen die Abklärungen, wobei wir uns bemühen diese möglichst rasch, d.h. idealerweise innerhalb von 4 Wochen, durchzuführen. Auf dieser Basis wird die anschliessende Behandlung gemeinsam mit dem Paar geplant und möglichst bald begonnen.
Es ist immer das Paar, das entscheidet. Uns ist sehr wichtig, beide Partner in der für sie richtigen Entscheidung durch eine perfekte Beratung zu unterstützen. Dafür steht uns das Wissen aus allen benötigten Spezialdisziplinen zur Verfügung, um die Schwangerschaftschancen zu verbessern und eine Schwangerschaft optimal vorzubereiten. Zur Beratung gehört aber auch der persönliche Support. Aufgrund vieler positiver Rückmeldungen glaube ich, dass uns das gelingt. Unsere Erfolgsraten liegen auch im weltweiten Vergleich auf Spitzenniveau.
Die Krankenkasse übernimmt die Abklärungen sowie während einem Jahr auch die Unterstützung der Reifung einer Eizelle und bis zu drei intrauterine Inseminationen. Nicht übernommen werden in der Regel die Kosten für eine In-vitro-Fertilisation (künstliche Befruchtung) und eine ICSI-Behandlung.
Das Normalgewicht halten und auf Nikotin verzichten hilft. Das sind jedoch meist nicht die entscheidenden Faktoren. Die meisten Ursachen, die wir für Unfruchtbarkeit finden, lassen sich nicht mit dem Lebenswandel erklären.
* Prof. Brigitte Leeners ist Direktorin der Klinik für Reproduktions-Endokrinologie am Universitätsspital Zürich sowie Leiterin des Kinderwunschzentrums am USZ.
Klinikdirektorin, Klinik für Reproduktions-Endokrinologie
Leitung Klinische Forschung, Klinik für Reproduktions-Endokrinologie
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