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«Der Austausch während der Untersuchung ist für Patient und Arzt sehr hilfreich»

Publiziert am 21. März 2022

Ultraschall statt Endoskopie – vor allem Patientinnen und Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen profitieren von der schnellen und einfachen Untersuchung. Gerhard Rogler, Direktor der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, über Vorteile für Patienten und Ärzte.

Herr Prof. Rogler, Sie setzen zur Untersuchung häufig Ultraschall anstelle einer Endoskopie ein. Bei welchen Patienten setzen Sie auf Ultraschall?
Ultraschall statt Endoskopie setzen wir bei Patientinnen und Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und beispielsweise bei Patienten mit Divertikulitis ein, sowohl bei akuten Beschwerden wie zur langfristigen Überwachung des Krankheits- und des Therapieverlaufs. In bestimmten Fällen setzen wir Ultraschall auch anstelle einer Computertomographie (CT) ein.

Ultraschall gibt es schon lange. Warum wird er erst jetzt so eingesetzt?
Es stimmt, die Technologie gibt es schon lange, aber erst die Geräte der neuesten Generation liefern Bilder in einer Auflösung, die so hoch ist, dass ein Ultraschall die Endoskopie ersetzen kann.

Welche Vorteile hat die Untersuchung mit Ultraschall für diese Patienten gegenüber einer Endoskopie oder CT?
Die Liste der Vorteile für diese Patienten ist lang! Kurz zusammengefasst ist die Untersuchung damit schnell, einfach und frei von Nebenwirkungen. Und nebenbei auch viel kostengünstiger.

Können Sie uns die Vorteile für die Patienten etwas ausführen?
Patienten mit chronischen Darmerkrankungen erleiden oft mehrere Krankheitsschübe pro Jahr und haben auch häufig diffuse Bauchschmerzen. Endoskopien benötigen jedoch eine Vorbereitung auf die Untersuchung, auch müssen Patienten mitunter länger auf einen Termin warten. Zur Abklärung und für die rasche und gezielte Behandlung ist es aber sehr hilfreich, die Ursache der Beschwerden schnell herauszufinden. Mittels Ultraschall können wir auch den Krankheitsverlauf und die Wirksamkeit einer Therapie sehr gut überwachen. Dazu gehören auch Hinweise darauf, ob eine Therapie noch fortgeführt werden sollte oder der Patient sie beenden kann. Oder ob Beschwerden eine Wiederkehr einer Entzündung anzeigen oder eine ganz andere, harmlose Ursache haben.

Welche Nebenwirkungen können damit vermieden werden?
Eine CT ist immer mit einer gewissen Strahlenbelastung verbunden. Gerade bei jungen Patienten ist es wichtig, diese Belastung tief zu halten. Mit völlig strahlenfreiem Ultraschall dieselben Informationen wie mit einem wiederholten CT zu bekommen, ist natürlich eine enorme Verbesserung.

Zahlreiche Vorteile also für die Patienten. Und für die Qualität der Diagnose?
Der Ultraschall hat bei diesem Einsatz für die Diagnostik dieselbe Sensitivität und Spezifität wie ein CT oder ein MRI. Mit dem Ultraschall werden für uns aber auch die tieferen Schichten des Darms sichtbar und wir erkennen, ob diese vermehrt durchblutet sind – ein Hinweis auf eine Entzündung, die wir in einer Endoskopie nicht erkennen könnten. Damit ist nur die Oberfläche der Darmschleimhaut sichtbar. Aus Studien wissen wir aber, dass diese schneller abheilt als die tieferen Schichten und der oberflächliche Blick deshalb täuschen kann.

Wo sehen Sie für den behandelnden Arzt positive Aspekte?
Wir erhalten aus der Untersuchung beliebig viele Bilder, die uns für die Befundung und für Vergleiche über längere Zeit hinweg dienen. Die Geräte sind zudem heute mobil einsetzbar. Äusserst positiv ist der Austausch mit den Patienten während der Untersuchung. Das ist sehr hilfreich für sie und für den Arzt oder die Ärztin. Bei einer Koloskopie ist der Patient in der Regel sediert und bekommt von der Untersuchung nichts mit, beim CT liegt er im Gerät und das Resultat der Untersuchung wird im schriftlichen Befund mitgeteilt.

Beim Ultraschall sehen die Patienten, was in ihrem Bauch vor sich geht und können auch gleich Fragen stellen. Und sehe ich eine verdächtige Stelle, kann ich gleich eine Tastuntersuchung machen und der Patient kann mir sofort sagen, ob und wo es wehtut.

Zur Darmkrebsvorsorge wird noch immer eine Endoskopie empfohlen. Warum wird dort der Ultraschall nicht eingesetzt?
Im Ultraschall reflektiert das Darmgas den gesamten Ultraschall, so dass man nur 180° des Darmschlauches sehen kann. Bei einer Koloskopie ist – anders als beim Ultraschall – auch die Bauchdecken-abgewandte Seite des Darmes sichtbar. Mit Ultraschall sieht man auch kleinere Polypen nicht. Aus diesen Polypen kann sich aber Darmkrebs entwickeln. Die Endoskopie bzw. Koloskopie bietet für die Darmkrebsvorsorge deshalb einen entscheidenden Vorteil: Die kleinen Polypen können gleich bei der Spiegelung in einem Rutsch entfernt werden. Die Darmspiegelung ist also zwar immer noch unangenehmer als ein Ultraschall, aber die beste Möglichkeit zur Vorsorge und Früherkennung von Darmkrebs und hierfür momentan nicht ersetzbar.

Die Fachperson

Gerhard Rogler, Prof. Dr. med. Dr. phil.

Klinikdirektor, Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie

Tel. +41 44 255 24 01
Spezialgebiete: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Zöliakie, Darm-Mikrobiom