Aneurysmen

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Aneurysmen: Unbemerkte Schwachstelle

Zuletzt aktualisiert am 22. April 2024 Erstmals publiziert am 16. April 2024

Sie gelten als tickende Zeitbomben: Aneurysmen. Früh erkannt und gut begleitet, muss ein Aneurysma aber nicht immer operiert werden. Und falls doch, wird nach der sanftesten und passendsten Behandlungsmethode gesucht.

Ein Aneurysma ist anfangs klein, wächst langsam, macht keine Beschwerden und bleibt deshalb lange unbemerkt. Wie ein kleiner Ballon wirkt die Aussackung in der Gefässwand eines Blutgefässes. Büsst dieses mit der Zeit stark an Elastizität ein und weitet es sich zu sehr, kann das Aneurysma schliesslich einreissen, was Blutungen ins Körperinnere zur Folge hat – ein lebensgefährlicher Zustand, der eine Notoperation erfordert.

Weit verbreitet – kaum bekannt

Am häufigsten bilden sich Aneurysmen an der Hauptschlagader Aorta im Bauch- oder Brustraum. «4–8 Prozent der über 65-jährigen Männer und 0,5–1,5 Prozent der über 65-jährigen Frauen weisen ein Aortenaneurysma von mindestens drei Zentimeter Durchmesser auf», präzisiert Alexander Zimmermann, Direktor der Klinik für Gefässchirurgie. Hirnaneurysmen, die zweithäufigste Form, entstehen bei 2–3 Prozent der Bevölkerung.

Neben wenigen angeborenen Aneurysmen entstehen die meisten im Laufe des Lebens. «Ein Faktor ist dabei der normale Alterungsprozess, denn im Alter werden die Blutgefässe automatisch weniger elastisch», erklärt Zsolt Kulcsár, Klinikdirektor Neuroradiologie. Kommen andere, für den Herz-Kreislauf schädliche Einflüsse wie Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht oder auch erhöhte Blutfettwerte hinzu, steigt das Risiko für die Entstehung eines Aneurysmas. «Deshalb ist eine Kontrolle der vaskulären Risikofaktoren eine wichtige Massnahme zur Verhinderung von schweren Folgeschäden», betont Luca Regli, Klinikdirektor Neurochirurgie.

Regelmässige Kontrollen

Weil Aneurysmen meist keine Beschwerden machen, werden sie oft zufällig bei einer Untersuchung entdeckt. Im USZ werden sie anschliessend interdisziplinär beurteilt und behandelt. Mit speziellen bildgebenden Verfahren und weiteren Tests werden Grösse und Beschaffenheit analysiert. «Bei der Mehrheit der Aneurysmen besteht keine akute Gefahr. Diese müssen nur regelmässig kontrolliert werden», erklärt Alexander Zimmermann. Regelmässige Verlaufskontrollen erlauben es, wachsende Aneurysmen früh zu entdecken und falls nötig sicherer zu behandeln. «Hinzu kommt eine Beratung zur Anpassung des Lebensstils. Dieser hat Einfluss darauf, wie sich ein Aneurysma entwickelt», ergänzt Zsolt Kulcsár.

Aneurysmabehandlung

Intrakranielle Aneurysmen kommen bei circa zwei bis fünf von 100 Personen vor, und werden häufig zufällig bei bildgebenden Untersuchung des Kopfes entdeckt. Sie werden im USZ von einem Team von Spezialisten und Spezialistinnen aus der Neuroradiologie und Neurochirurgie beurteilt. Dabei wird entschieden, ob ein zufällig gefundenes Aneurysma behandelt oder beobachtet werden soll.

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So wenig wie möglich, so viel wie nötig

Besteht das Risiko, dass das Aneurysma einreisst, muss es behandelt werden. «Oft können ein elastisches Röhrchen, ein Stent oder Mikrospiralen minimalinvasiv mit einem Katheter von der Leiste über die Blutbahn an der richtigen Stelle platziert werden», erklärt Zsolt Kulcsár. Dies geschieht unter ständiger Durchleuchtung in der Neuroangiographie, um sicherzugehen, dass das Implantat am richtigen Ort sitzt. Je nach Lokalisation und Grösse des Aneurysmas ist eine Operation nötig.

Bei Aneurysmen im Kopf wird dieses dabei mit Clips von der gesunden Gefässwand abgetrennt. «Diese Operationen werden unter dem Mikroskop durchgeführt, damit höchste Präzision erreicht werden kann. Das USZ ist bei diesem Thema ein nationales und internationales Referenzzentrum », erklärt Luca Regli. Aneurysmen im Bauch- und Brustraum werden mit massgefertigten Prothesen behandelt. Bei diesen Prothesen bietet die Gefässchirurgie des USZ eine Spezialität: Als eines von wenigen Spitälern in Europa können auch grosse Prothesen, die die gesamte Aorta ersetzen, minimalinvasiv platziert werden. So kann auch Personen geholfen werden, die wegen eines zu schlechten Gesundheitszustands nicht operiert werden können.

Einzigartiges Verfahren am USZ

Interdisziplinäre Erfahrung als Trumpf

Entscheidend für die strukturierte, innovative und damit sehr erfolgreiche Behandlung von Aneurysmen am USZ ist die grosse Erfahrung, die die zahlreichen beteiligten Spezialistinnen und Spezialisten mitbringen. Am USZ wird eine grosse Zahl an Aneurysma- Eingriffen durchgeführt. Dank dieser Routine wird eine hohe Patientensicherheit erreicht. Was für Alexander Zimmermann noch fehlt, ist ein Standard in der Früherkennung: «Regelmässige Vorsorgeuntersuchungen der Aorta mit einem Ultraschallgerät wären ab einem gewissen Alter wünschenswert und könnten Leben retten. Bis anhin ist das leider nicht Standard in der Schweiz.»

Das präventive Screening ist auch ein Thema bei Hirnaneurysmen. «Wir empfehlen es bei familiärer Häufung. Da der heutige weltweit etablierte Goldstandard zur Behandlung von Hirnaneurysmen am USZ entwickelt wurde, profitieren unsere Patientinnen und Patienten von einer grossen Erfahrung », ergänzt Luca Regli.

Zuständige Fachpersonen

Alexander Zimmermann, Prof. Dr. med.

Klinikdirektor, Klinik für Gefässchirurgie

Tel. +41 44 255 20 39
Spezialgebiete: Katheterbasierte und offen operative Aortenchirurgie, Offen operative Chirurgie der Halsschlagader, Bypasschirurgie

Zsolt Kulcsar, PD Dr. med.

Klinikdirektor, Klinik für Neuroradiologie

Tel. +41 44 255 56 00
Spezialgebiete: Diagnostische und interventionelle Neuroradiologie, Minimal-invasive Behandlung von neurovaskulären Krankheitsbildern, Neurovaskuläre Bildgebung

Luca Regli, Prof. Dr. med.

Klinikdirektor, Klinik für Neurochirurgie

Tel. +41 44 255 29 92