Angina pectoris

Brustenge, Herzenge

Ein Druckgefühl, Ziehen oder Brennen im Brustbereich: Das sind die typischen Anzeichen für eine Angina pectoris. Manchmal strahlen die Beschwerden auch in den Arm oder den Kiefer aus.

Die Angina pectoris ist ein Zeichen einer Erkrankung der Herzkranzgefässe, bei der das Herz unzureichend mit Sauerstoff versorgt wird und kann ein Vorbote für einen Herzinfarkt sein. Eine Angina pectoris muss sorgfältig abgeklärt werden, um die genaue zugrundeliegende Diagnose stellen und eine optimale Behandlung einleiten zu können.

Überblick: Was ist Angina pectoris?

Angina pectoris bedeutet wörtlich Engegefühl im Brustbereich. Der Begriff Angina stammt vom lateinischen Wort angor (Beklemmung, Enge, Angst) und umfasst auch die bekannte Krankheit Angina, bei der die Rachenmandeln entzündet sind und ein Engegefühl im Hals verursachen. Die Angina pectoris ist keine Krankheit, sondern ist ein Symptom, das auf eine unzureichende Durchblutung des Herzmuskels hindeutet.

Verengungen der Herzkranzgefässe, der sogenannten Koronararterien, führen dazu, dass der Herzmuskel mangelhaft durchblutet wird und somit zu wenig Sauerstoff erhält. Die Angina pectoris ist das Symptom für ein Krankheitsbild, das in der Medizin „koronare Herzkrankheit“ genannt wird.

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Die koronare Herzkrankheit gehört bei Erwachsenen zu den häufigsten Erkrankungen und steht weit oben in der Liste der Todesursachen. Besonders gefährdet sind Männer im Alter über 45 Jahre und Frauen, die älter als 55 Jahre sind. Das Risiko, von einer koronaren Herzerkrankung betroffen zu sein, beträgt in der Schweiz etwa 20 Prozent – bei Männern ist es etwas höher, bei Frauen geringfügig niedriger. In jungen Jahren ist das Risiko geringer, mit zunehmendem Alter steigt es deutlich an.

Symptome: Wie zeigt sich eine Angina pectoris?

Das typische Kennzeichen für einen Angina-pectoris-Anfall ist ein plötzlich auftretendes Gefühl von Druck, Enge, Ziehen oder Brennen, dessen Zentrum hinter dem Brustbein liegt. Von hier aus können die Beschwerden in die umgebenden Körperregionen ausstrahlen – bis in die Schultern, die Arme, den Rücken oder in den Bereich des Kiefers.

Es gibt aber Ausnahmen, die von diesem häufigen Erscheinungsbild abweichen:

  • Bei Frauen kann es vorkommen, dass anstelle von Schmerzen in der Brustgegend andere Symptome in Erscheinung treten: Bei ihnen kann sich eine Angina pectoris in Form von Atemnot, Übelkeit, Magenproblemen oder Müdigkeit zeigen.
  • Bei älteren Menschen können ähnliche Angina-pectoris-Symptome auftreten. Auch bei ihnen ist es möglich, dass sie ebenso wie viele Frauen keine Schmerzen im Brustbereich spüren. Stattdessen verspüren sie bei einem Angina-pectoris-Anfall oft Atembeschwerden oder leiden unter mangelnder Leistungsfähigkeit oder genereller Abgeschlagenheit.
  • Bei Diabetes-Patienten kann es zu Schädigungen von Nerven kommen, die eine vollständige Weiterleitung von Schmerzreizen verhindern. Die Betroffenen erleben dann einen Angina-pectoris-Anfall schmerzfrei als sogenannte stumme Angina pectoris.

Ursachen und Risikofaktoren: Wie entsteht eine koronare Herzkrankheit?

Die Ursache für einen Angina-pectoris-Anfall ist die unzureichende Durchblutung des Herzmuskels. Zu wenig Blut bedeutet zu wenig Sauerstoff. Dass es zu dieser Unterversorgung kommt, ist meistens die Folge von verengten Koronargefässen durch Ablagerungen (Plaques) in Form von Cholesterin oder Verkalkungen (Arteriosklerose genannt). Manchmal kann auch ein Krampf (Spasmus) der Herzkranzgefässe zu Angina pectoris führen.

Verschiedene Risikofaktoren begünstigen die Bildung von Ablagerungen in den Gefässen:

  • Tabakrauch enthält Substanzen, die Gefässwände schädigen.
  • Hoher Blutdruck belastet die Arterien.
  • Hoher Blutzuckerspiegel (Diabetes) kann Gefässwände entzünden.
  • Cholesterin setzt sich in den Gefässwänden ab
  • Genetische Veranlagung begünstigt die Entstehung von Plaques
  • Übergewicht und ungesunde Ernährung führen zu Ablagerungen
  • Bewegungsmangel hat negative Folgen für Blutdruck und Gefässe
  • Alter führt zu nachlassender Elastizität der Gefässe
  • Stress bewirkt die Ausschüttung schädlicher Hormone und verengt die Gefässe

Erscheinungsformen der koronaren Herzkrankheit

Die Erscheinungsform einer Angina pectoris kann unterschiedlich sein. Ärztinnen und Ärzte unterscheiden zwei Hauptformen: die stabile Angina pectoris oder die Angina pectoris im Rahmen eines Herzinfarktes.

Die stabile Angina pectoris

Patienten mit Verengungen der Herzkranzgefässe können Beschwerden haben, die in der Medizin „stabile Angina pectoris“ genannt werden. Diese Erscheinungsform ist zeitlich begrenzt, meistens lassen die Schmerzen nach wenigen Minuten nach. Häufig treten die Beschwerden bei körperlicher Anstrengung auf, aber auch bei psychischem Stress, bei Kälte oder nach einer ausgiebigen Mahlzeit.

Wenn bei einem Anfall der stabilen Angina pectoris ein schnell wirkendes Medikament (Nitroglycerin) verabreicht wird, kehrt meist umgehend Besserung ein. Ohne eine solche Akut-Therapie lassen die Beschwerden üblicherweise beim Nachlassen oder Wegfall der Belastung nach, ansonsten innerhalb von etwa 15 Minuten.

Angina pectoris bei Herzinfarkt

Angina-pectoris-Beschwerden können auch im Rahmen eines Herzinfarktes auftreten. Hierbei handelt es sich meistens um einen plötzlich auftretenden kompletten oder teilweisen Verschluss eines Herzkranzgefässes. Die Beschwerden halten meist länger an und sind oft von Kaltschweissigkeit, Angstgefühl, Übelkeit oder Atemnot begleitet. Da bei solchen Beschwerden von einem lebensbedrohenden Herzinfarkt auszugehen ist, sollte sofort die Sanität alarmiert werden (Nummer 144), damit schnell professionelle Hilfe vor Ort ist.

Weitere Formen der Angina pectoris

Nicht in jedem Fall sind für die Angina pectoris Kalk- oder Cholesterinablagerungen in den Herzkranzarterien verantwortlich, die zu den Verengungen der Gefässe führen. In seltenen Fällen kann es auch andere Ursachen für eine solche Verengung geben. Zum Beispiel eine Verkrampfung der Gefässe. Diese Sonderform der Angina pectoris wird vasospastische Angina (Spasmen sind Krämpfe) oder auch Prinzmetal-Angina genannt. Hier treten die Anfälle häufig im Ruhezustand oder sogar im Schlaf auf.

Eine weitere Form der Angina pectoris ist die mikrovaskuläre Angina. Hier gehen die anfallsartigen Beschwerden nicht von den grossen Herzkranzgefässen aus, sondern von feinverzweigten, kleinsten (mikrovaskulären) Blutgefässen.

Diagnose: Wie lässt sich eine Angina pectoris feststellen?

Die Diagnose Angina pectoris ist nicht immer einfach zu stellen. Zum Beispiel, wenn nicht die typischen Schmerzen im Brustbereich auftreten, sondern weniger häufige Angina-pectoris-Symptome wie Kurzatmigkeit oder Müdigkeit. In diesem Fall – aber auch bei den typischen Anzeichen wie dem Engegefühl – lässt sich mit gründlichen Untersuchungen eine genaue Diagnose stellen.

Hierfür stehen verschiedene diagnostische Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Das Elektrokardiogramm (EKG) zeichnet die elektrische Aktivität des Herzmuskels in Form einer gezackten Kurve auf und ist bei einem Herzinfarkt auf spezifische Weise verändert.
  • Die Ultraschall-Untersuchung des Herzens (auch Echokardiografie genannt) zeigt auf einem Bildschirm die Struktur und Funktion des Herzmuskels und der Klappen.
  • Die Koronar-Angiografie ist eine Röntgen-Untersuchung, mit der sich die Herzkranzgefässe und mögliche Engstellen darstellen lassen. Zeigen sich verengte Herzkranzgefässe, können diese meist im Rahmen desselben Eingriffs behandelt werden.
  • Die Computertomografie (CT) macht Verkalkungen und Verengungen der Herzkranzgefässe sichtbar.
  • Die Magnetresonanztomografie des Herzens (Kardio-MRT) stellt Bilder von der Durchblutung des Herzmuskels in Ruhe und unter Belastung her.
  • Die Myokardperfusions-Szintigraphie (SPECT) und die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) sind nuklearmedizinische Verfahren. Sie stellen die Durchblutung des Herzmuskels mittels einer schwachen radioaktiven Substanz dar. Das kann sowohl im Ruhezustand als auch unter Belastung geschehen.

Therapie: Wie wird die koronare Herzkrankheit behandelt?

Sowohl für die kurzfristige Behandlung eines akuten Angina-pectoris-Anfalls als auch für die längerfristige Therapie gibt es eine Reihe von therapeutischen Angeboten.

Medikamente

Bei einem Angina-pectoris-Anfall muss möglichst schnell dafür gesorgt werden, dass die verengten Herzkranzgefässe erweitert werden. Nur dann wird das Herz mit der notwendigen Menge an Blut und damit Sauerstoff versorgt. Um dieses Ziel zu erreichen, stehen verschiedene Angina-pectoris-Medikamente zur Verfügung:

  • Der Wirkstoff Nitroglycerin wird meist in Form von Nitro-Spray oder Nitro-Kapseln verabreicht. Nitro lindert Angina-pectoris-Beschwerden meist schnell, weil Nitroglycerin eine unmittelbar erweiternde Wirkung auf die Herzkranzgefässe hat.
  • Morphium kann stärkere Schmerzen verringern und hilft dem Patienten oder der Patientin zu entspannen und Ängste abzubauen.
  • Betablocker wirken vorbeugend gegen Angina-pectoris-Anfälle, indem sie die Herzfrequenz und den Blutdruck senken.
  • Calciumantagonisten erweitern die Blutgefässe.

Invasive Eingriffe

Bestehen deutliche Verengungen der Herzkranzgefässe, können diese durch einen Eingriff behandelt werden.

  • Ballondilatation und Stenteinlage: Die verengten Blutgefässe werden mit einem Ballonkatheter erweitert. Das geschieht mit einem winzigen Ballon, der durch einen dünnen Schlauch (Katheter) an die Engstelle geschoben und dort aufgeblasen wird. Dieses Verfahren heisst Ballondilatation. Meistens wird an der erweiterten Stelle nach der Ballondilatation ein Stenteingesetzt; dieses röhrenförmige Metallgitter verbleibt im Blutgefäss und verhindert an dieser Stelle eine erneute Verengung.
  • Bypass-Operation: Bei diesem Eingriff wird die verengte Stelle des Blutgefässes mit einer körpereigenen Arterie überbrückt, wodurch der Herzmuskel wieder mit Blut versorgt wird.

Prophylaxe: Wie Vorbeugung gegen weitere Angina-pectoris-Anfälle hilft

Heilbar im ursächlichen Sinn ist die Angina pectoris und die ihr zugrundeliegende koronare Herzkrankheit nicht. Eine hohe Lebenserwartung bei Angina pectoris ist dennoch möglich. Um sie zu erreichen, sollten Sie als Patient oder Patientin versuchen, nach einer koronaren Herzerkrankung eine zweite (sekundäre) Erkrankung zu verhindern. Bei der sogenannten Sekundärprophylaxe kommt es vor allem darauf an, eine gesunde Lebensweise einzuhalten und möglichst alle Risikofaktoren zu vermeiden. Dazu gehören vor allem gesunde Ernährung, viel Bewegung und ein Rauchstopp. Zur Unterstützung stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, zum Beispiel Aspirin und Cholesterin-Senker (Statine).